Nachtaktiver Bundestag beschließt neues Reiserecht

Seite 2: Handlungsbedarf bei den reiserechtlichen Vorschriften wegen Onlinehandel

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Es ist unbestritten, dass die Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (90/314/EWG) aktualisiert werden musste, weil sich mit der Entwicklung des Onlinehandels die Marktsituation auch im Bereich der Urlaubsreisen seit dem Beginn der 1990er-Jahre umfassend verändert hat.

Die Idee für eine neue EU-Pauschalreiserichtlinie ging von Großbritannien aus. Das dort geltende Recht war hinsichtlich des Verbraucherschutzes durchaus noch verbesserungsfähig. Es dürfte zu den Merkwürdigkeiten im Umfeld der EU-Richtlinien zählen, dass Großbritannien nun vor Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie in nationales Recht die EU verlassen will. Die aktuelle Richtlinie (EU) 2015/2302 wurde am 25. November 2015 verabschiedet.

Zankapfel "verbundene Reiseleistungen"

Der im Zusammenhang mit der EU-Pauschalreiserichtlinie neu eingeführte Begriff der verbundenen Reiseleistungen hatte bei der Umsetzung in nationales deutsches Recht besondere Sprengkraft entwickelt. Es geht hier um die Fälle, bei welchen ein Reisebüro eine Reise aus mehreren Bausteinen wie Flug, Hotel, Transfer oder Mietwagen zu einem individuellen Paket zusammenstellt, statt eine fertige Pauschalreise eines Veranstalters anzubieten. Das Reisebüro tritt hier üblicherweise nur als reiner Vermittler auf. Es hat keinen Einfluss auf den jeweiligen Preis und erhält für die Vermittlung eine Provision.

Hätte sich der Referentenentwurf zum neuen Reiserecht durchgesetzt, wäre das Reisebüro gewissermaßen im Handumdrehen zum Reiseveranstalter mit allen haftungsrechtlichen Verpflichtungen eines Pauschalreiseanbieters geworden, wenn der Kunde die verbundenen einzelnen Reiseleistungen innerhalb von 24 Stunden gebucht hätte und/oder alle Einzelleitungen in einem Buchungsvorgang bezahlt hätte.

Die meist mittelständischen Reisebüros wären hinsichtlich der Haftung den großen Reisekonzernen gleichgestellt worden und hätten als reine Vermittler ohne Einfluss auf die Preisgestaltung die Versicherung der zusätzlichen Haftung aus ihren Vermittlungsprovisionen zu finanzieren. In der Praxis hätte das eine fünfstellige Zahl von Arbeitsplätzen in den stationären Reisebüros gefährdet und den Verbrauchern keine zusätzliche Sicherheit gebracht.

Das jetzt beschlossene Gesetz sieht vor, dass die Reisebürokunden ihre verbundenen Reiseleistungen auch künftig in einem einzigen Vorgang bezahlen können, ohne dass das betreffende Reisebüro durch die bezahltechnische Zusammenfassung einzelner Leistungen zum Reiseveranstalter mit allen haftungsrechtlichen Konsequenzen wird.

Geblieben ist die aus der EU-Pauschalreiserrichtlinie stammende Vorschrift, dass die Reisebüros ihre Kunden vorab über die haftungsrechtlichen Unterschiede zwischen Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen informieren und dies mittels vorgeschriebener Formulare dokumentieren müssen.