Nackte "Gletscherinstallation" für Kunst und Klimaschutz

Hunderte von Menschen ließen sich benutzen, um für Greenpeace und einen "Künstler" eine spektakuläre Show auf einem schweizerischen Gletscher zu inszenieren

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Für den guten Zweck hat sich Greenpeace mit dem amerikanischen Künstler Spencer Tunick zusammengetan, um beidseits eine Win-Win-Strategie zu fahren, die offenbar auch gelungen ist, wenn man die mediale Reaktion betrachtet. Der Künstler und die Umweltorganisation haben auch davor eines gemeinsam gehabt: das unbedingte Verlangen nach Aufmerksamkeit durch die Inszenierung von Spektakeln.

Greenpeace/Wuertenberg

Der Künstler hat das durch die einfache Strategie des immer noch funktionierenden Tabubruchs gemacht, nackte Menschen zu fotografieren, die sich massenhaft ausstellen, um über den Künstler kollektive Aufmerksamkeit zu erhalten und wahrscheinlich sich selbst durch öffentliche Entblößung, geadelt durch den Eingang in ein Kunstwerk, zu befreien. Die Umweltorganisation braucht spektakuläre Acts, die teilweise die Akteure gefährden, um die Aufmerksamkeit auf ihre Themen und Spenden in ihre Kassen zu lenken, was auch Sinn der angeblichen künstlerischen Spektakel massenhafter Nacktheit ist (was im Gegensatz zu den Aktionen von Greenpeace allerdings auch den Eindruck erweckt, als würden sich die Menschen liebend gerne zur Schlachtbank bewegen, um sich für das "Größere" zu opfern, die Assoziation von Auschwitz ist auch nicht fern, selbst wenn es sich um genährte Körper handelt).

Hunderte Menschen setzten sich heute nackt der Eiseskälte aus, damit die Verantwortlichen endlich aufwachen und sich für sofortige, konsequente und mutige Klimaschutzmassnahmen erwärmen lassen. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, dann ist es bald zu spät, mahnt Obermayr. Gemäß den Berichten des UN-Weltklimarates IPCC bleiben nur noch acht Jahre, um die richtigen Schritte für die notwendigen drastischen Treibhausgas-Reduktionen einzuleiten. Obwohl sie eine klare Sprache sprechen, reichen die Fakten allein offenbar nicht aus, um die Entscheidungsträger zum Handeln zu bringen.

Die Botschaft von Greenpeace

Kein Wunder jedenfalls, dass sich die beiden gefunden haben. Beide profitieren von der verdoppelten Aufmerksamkeit. Der Künstler adelt sich, weil er sich für das Gute des Klimaschutzes engagiert zeigt, Greenpeace gewinnt, weil sie "Kunst" auf ihre Seite ziehen und dadurch Bilder lancieren kann. Und die Menschen, 600 an der Zahl, die sich freiwillig den Zwecken des Künstlers und der Umweltorganisation unterworfen und sich am Aletschgletscher in der Schweiz nackt präsentiert haben? Sie waren Teil eines Happenings, eines Mechanismus der Aufmerksamkeitsökonomie. Es werde Fans gebraucht und verheizt, die selbst glauben, etwas von der dokumentierten Tatsache zu haben, dabei gewesen zu sein. Aber sie sind Statisten, die für andere Zwecke verbraten werden. Vielleicht glauben sie, sie hätten damit etwas Gutes getan, wenn sie auf die Klimaerwärmung hinweisen wollten, indem sie nackt auf dem schrumpfenden Gletscher auf Befehl des Künstlerkommandeurs herumhüpfen.

Bild: Greenpeace/Wuertenberg

Das weltweite Publikum sieht die Konfrontation von Menschen, die sich gerne einmal zur Schau stellen und sich beweisen wollen, mit dem Gletscher, der ohne Zweifel schmilzt. Was zeigen uns die Fotos? Einen neuen Riefenstahl, die Willigkeit der Subjekte, Objekte zu werden, um daraus wieder indirekt zu profitieren, und den Wunsch der Umweltorganisation, mit allen Mitteln für die eigenen Zwecke und das Überleben der Erde, wie sie ist, zu werben.

Überzeugt uns das? Nein, es schreckt ab – vor der angeblichen Kunst und vor dem angeblich guten Willen. Beide konkurrieren im Rahmen der Aufmerksamkeitsökonomie um die kurzen Blicke der Menschen, die durch ihre Umwelt und die Programme zappen. Genau so lassen sich Probleme, die langfristiges Engagement und langfristige Lösungen benötigen, nicht lösen. Es lassen sich höchsten kurzfristig "Profite" erzielen.