Nächster GDL-Streik ab Montag möglich – Bahn-Klage ohne aufschiebende Wirkung

DB zieht Tariffähigkeit der Gewerkschaft in Zweifel – wegen Verflechtungen mit einer Leiharbeits-Genossenschaft. Was es damit auf sich hat.

Stillstehende Züge und Traktor-Blockaden auf der Straße: Am Montag muss bundesweit mit Verkehrsbehinderungen gerechnet werden. Abgesehen von angekündigten Bauernprotesten, endet der Weihnachts- und Neujahrsfrieden der Lokführergewerkschaft GDL. Sie könnte also grundsätzlich ab Montag wieder streiken.

Auch, wenn die Deutsche Bahn (DB) gerade gerichtlich klären lassen will, ob die GDL das überhaupt darf: Wegen "personeller und organisatorischer Verflechtungen" mit der Leiharbeits-Genossenschaft Fair Train und "schwerer Interessenkonflikte" stellt der Konzern die Tariffähigkeit der GDL in Frage.

Eine entsprechende Feststellungsklage hat die DB diese Woche beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingereicht. "Die GDL tritt gleichzeitig als Arbeitgeber und als Gewerkschaft auf", befand DB-Personalvorstand Martin Seiler laut einer Mitteilung des Konzerns.

Faire Bedingungen oder Tarifabschluss "mit sich selbst"?

Der Vorwurf: GDL und Fair Train hätten quasi mit sich selbst einen Tarifvertrag geschlossen. "Zudem begünstigen die GDL-Forderungen der aktuellen Tarifrunde die GDL-Leiharbeiter-Genossenschaft und sollen der DB schaden."

Die Gründung der Fair Train eG war im Juni 2023 bekanntgegeben worden. "Wir übernehmen nunmehr die Verantwortung und haben mit der Fair Train eG ein Unternehmen gegründet, welches im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung von Lokomotivführern mit fairen Bedingungen aufwartet", hatte GDL-Chef Claus Weselsky dazu erklärt.

Ziel der Genossenschaft sei es, "fachlich qualifizierte Lokomotivführer zur Verfügung zu stellen und die daraus resultierenden Gewinne den Genossenschaftsmitgliedern selbst zufließen zu lassen, anstatt zuzuschauen, wie sich die Vorstände der DB AG die Taschen füllen".

Was strikt getrennt werden muss

Allerdings wurde in linken Kreisen auch diskutiert, ob die GDL mit Fair Train nicht "auf Sklavenhändler" mache.

Der Arbeitsrechtler Marc Werner hatte im juristischen Fachmagazin Legal Tribune Online auf die Fallstricke hingewiesen: Bei der Gründung der Fair Train sei auf eine strenge Trennung der Kassen zu achten.

Die Beiträge der Mitglieder der GDL dürfen grundsätzlich nicht für eine solche Unternehmensgründung verwendet werden, beispielsweise für Rechtsberatung, Finanzierung der Fair Train oder Kosten für Öffentlichkeitsarbeit und Website. Die Grenze zur Straftat einer Untreue nach § 266 Strafgesetzbuch ist sonst schnell überschritten. Daher dürfen auch Mitarbeiter der GDL keine Arbeitszeit für die Fair Train aufwenden.

Dr. Marc Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kein vorläufiger Rechtsschutz für DB-Konzern

Die Feststellungsklage hat allerdings keine aufschiebende Wirkung auf mögliche Streiks. Das Landesarbeitsgericht gab zunächst keinen Termin für eine öffentliche Verhandlung bekannt.

Es wurde aber auch darauf hingewiesen, dass dies kein Verfahren mit vorläufigem Rechtsschutz sei.

In solchen Fällen wird in der Regel eine einstweilige Verfügung angestrebt, die auch einen Streik verhindern könnte.

Abschluss mit Modellcharakter?

Die Deutsche Bahn hat unterdessen im Tarifstreit mit der GDL auch ein "erweitertes Angebot" vorgelegt. Statt auf die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter auf 35 Wochenstunden ohne Entgeltkürzung einzugehen, will der Konzern "über neue Wahlmodelle zur Arbeitszeit verhandeln".

Zudem schlägt die DB elf Prozent mehr Lohn bei 32 Monaten Laufzeit und eine Einmalzahlung 2.850 Euro als Inflationsausgleich vor.

Mit dem Eisenbahnunternehmen Go Ahead hat die GDL aus ihrer Sicht schon einen deutlich besseren Abschluss erzielt und tatsächlich die schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter ohne Entgeltkürzung durchgesetzt, allerdings erst ab dem 1. Januar 2025.

GDL: "Es geht doch"

Die Tabellenentgelte der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner bei den Go-Ahead-Unternehmen sollen sich aber bereits zum 1. Februar 2024 um 210 Euro und zum 1. Januar 2025 um weitere 210 Euro erhöhen, in Summe also um 420 Euro. Auch die Zulagen werden deutlich erhöht – in Summe um durchschnittlich 17 Prozent innerhalb der Laufzeit von 24 Monaten. Dies gab die GDL am heutigen Freitag bekannt.

An vielen Verhandlungstischen habe sich die Gewerkschaft anhören müssen, dass ihre Forderungen nicht annehmbar seien. Der Abschluss mit Go Ahead zeige aber: "Es geht doch - und es wird weitergehen", so die GDL.

Bereits im November hatten sich beide Seiten auf die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro verständigt, die seitdem in Raten ausgezahlt wird.