GDL erfüllt Versprechen der 35-Stunden-Woche: Warum die Empörung?
- GDL erfüllt Versprechen der 35-Stunden-Woche: Warum die Empörung?
- "Hände weg vom Streikrecht!", fordert der DGB
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GDL erfüllt mit der 35h-Woche ein Versprechen. Den Arbeitskampf nehmen Politiker zum Anlass, um strengere Streikregeln zu fordern. Das hat Tradition.
Die 35-Stundenwoche war von Anfang an ein Versprechen der GDL-Spitze an die Mitglieder – und wurde im jüngsten Tarifabschluss durchgesetzt. Warum wird eine Organisation, die in Verhandlungen das durchsetzt, was Mitglieder beschließen, immer wieder mit Forderungen nach Verboten und Einschränkungen konfrontiert?
Es scheint eine übergroße Koalition zu sein, die das Streikrecht ändern will. "Habeck hat von Streiks die Schnauze voll", meldet der Münchener Merkur vor Tarifabschluss der Bahn. Momentan werde "ein bisschen zu viel für immer weniger Arbeit" gestreikt, kritisiert der grüne Vizekanzler Robert Habeck. "Und das können wir uns in der Tat im Moment nicht leisten."
Die Bahn-Tarifeinigung beendet nicht die Diskussion um das Streikrecht. "Nichtsdestotrotz haben die vergangenen Wochen gezeigt, dass wir Leitplanken für das Streiken im Bereich der kritischen Infrastruktur benötigen", betont Reinhard Houben, der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.
Bahn als kritische Infrastruktur nur bei Tarifverhandlungen
Auch die CSU stimmt in die Forderungen ein: "Streiken ist ein Grundrecht, für das es in Zukunft strengere Regeln braucht", sagt CSU-Generalsekretär Martin Huber.
Die vergangenen Monate haben gezeigt: Die Bahn als kritische Infrastruktur muss besonders geschützt werden.
Martin Huber
Der Bahnkritiker Arno Luik sieht dies anders:
Wenn es heute mal, was im Winter passieren kann, ein wenig schneit, dann stellt die Bahn häufig den Verkehr ein, hängt ganze Bundesländer vom Verkehr ab.
Dies sei "ein teurer Witz für die Volkswirtschaft", so der Autor von "Schaden in der Oberleitung: Das geplante Desaster der Deutschen Bahn".
Dass die Bahn in einem Zustand sei, der "für ein Industrieland überaus peinlich ist, hat Gründe. Und Verantwortliche dafür – und die sitzen im Vorstand der Bahn, aber auch in der Bundesregierung". Von "kritischer Infrastruktur" wird dann in der Regel nicht gesprochen.
Förderung von Spartengewerkschaften durch Unternehmen
Die Kritik von Unionspolitikern am CDU-Mitglied Weselsky erstaunt vor dem Hintergrund der Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten. Union und Arbeitgeberverbände galten lange als Fans von Spartengewerkschaften. Denn seit Jahrzehnten versuchen Unternehmensvertreter DGB-Gewerkschaften gegen andere auszuspielen.
Vor Verdi-Gründung war es eine beliebte Strategie der Banken- oder Versicherungsvorstände, die Gewerkschaft HBV (Handel, Banken und Versicherungen) in Tarifverhandlungen und die nicht zum DGB-gehörende DAG (Deutsche Angestelltengewerkschaft) gegeneinander auszuspielen.
Ähnlich ist die Situation in Krankenhäusern. Mit dem Marburger Bund wurden Tarife abgeschlossen, die nicht für DGB-Mitglieder gelten. Das sind keine Zufälle: Die sogenannten Spartengewerkschaften wie die GDL beträchtlich zu stärken, war ausdrücklicher Wunsch der Arbeitgeberverbände.
Bereits vor Jahren wies Franz-Josef Möllenberg, früher Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG), darauf hin, "dass immer dann, wenn solche Spartengewerkschaften sich gegründet haben oder stärker geworden sind, wenn es gegen die DGB-Gewerkschaften ging, das mit Beifall belohnt worden ist, so nach dem Motto, da tut sich endlich mal Konkurrenz auf und da wird das Tarifkartell – böses Wort – endlich mal durchbrochen".
Die Beschäftigten sehen das anders. Gewerkschaftsmitglieder sind mit ihrer Gewerkschaft überwiegend zufrieden, berichtet das Institut der deutschen Wirtschaft Köln aus einer Studie.
Da die Bereitschaft der Beschäftigten sinkt, sich kollektiv zu organisieren, wurden 2.564 Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie zu ihrem gewerkschaftlichen Engagement befragt.
Die Mitglieder sind davon überzeugt, dass sich im Kollektiv bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen lassen, so die Wissenschaftlerinnen. Sorgen bereitet den Befragten jedoch die rückläufige Tarifbindung – die Tatsache, dass weniger Betriebe Tarifverträge abschließen.
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