Namensstreit um Mazedonien: Ausnahmezustand wegen Großdemonstration in Athen

Seite 3: Medien: "Demonstriert gegen Tsipras!"

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In diesem landesweiten Klima hin zu nationalistischen Tönen hatten die Medien bei der Demonstration in Thessaloniki den Zug der Zeit verpasst. Sie vermuteten hinter den Organisatoren offenbar vornehmlich Anhänger rechtsradikaler Tendenzen. Daher wurde die Demonstration in Thessaloniki am 21. Januar schlicht so lange wie möglich totgeschwiegen (Nieder mit dem Volksverräter - Er hat das M-Wort gesagt!"). Die privaten Rundfunkanstalten erkannten jedoch schnell das Potential der aufgebrachten Menge. Für Sonntag wurden bereits früh am Morgen beginnende Live-Übertragungen angekündigt. Führende regierungskritische, konservative Journalisten und Kommentatoren nutzen ihren Einfluss und ihre Sendezeit um die Demonstration zum Fanal gegen die ungeliebte Regierung zu erklären.

Plötzlich wurden die vor wenigen Wochen verteufelten Organisatoren der Demonstrationen ins Studio eingeladen. Die Berichterstattung über die Demonstration vom 4. Februar nimmt bereits im Vorfeld bei den täglichen Nachrichtensendungen mehr als ein Viertel der Sendezeit in Anspruch.

Zusätzlich aufgeheizt wird das Klima durch verzerrte Berichterstattung über den Lieblingsfeind der privaten Medien, die Anarchisten. Ein Mitglied einer anarchistischen Gruppe, Rouvikonas, hatte in einem Internetpost erklärt, er befürchte, dass am Sonntag, dem Demonstrationstag, Blut fließen könnte.

Damit spielte er zu Recht darauf an, dass in Thessaloniki von rechtsradikalen Demonstranten eine Hausbesetzung abgebrannt wurde, wobei nur durch Zufall keine Menschen zu Schaden kamen. Die Polizei hatte der Brandstiftung tatenlos zugesehen. Die anarchistische Gruppe Rouvikonas will in Athen Flüchtlinge beherbergende Hausbesetzungen schützen.

Seitens der Veranstalter gab es Videos, in denen "Verrätern" Kugeln in Aussicht gestellt wurden. Von erklärten Anhängern wurden in sozialen Netzwerke vielfach Erklärungen abgegeben, dass sie mit Messern und Knüppeln bewaffnet Jagd auf "Anarchisten und Bolschewiken" machen würden.

Die Reaktion der Medien war eindeutig. Sie sahen im Posting von Rouvikonas einen Gewaltaufruf und berichteten intensiv darüber. Der Clou des Ganzen ist, dass die Staatsanwaltschaft umgehend Ermittlungen gegen die Anarchisten einleitete.

Drohbriefe an Minister

Die Einstellung der Strafverfolger änderte sich erst am Freitag. Denn es wurde öffentlich, dass Außenminister Nikos Kotzias einen Drohbrief erhalten hatte, in dem ihm und seiner Familie der baldige Tod angekündigt wurde.

Bis zum Abend traf ein weiterer, handschriftlicher Drohbrief ein. Damit wurden weitere Minister, unter anderem Justizminister Kontonis bedroht. Zudem kündigten die Verfasser an, dass Militärs das Parlament stürmen würden.

Was genau hinter den Drohbriefen steckt, ist zurzeit nicht erkennbar. Die Nachrichten in Athen überschlugen sich am späten Freitagabend. Es habe auch auf der Insel Kalymnos einen verdächtigen Vorfall gegeben, hieß es.

Ein Mann, der sich selbst als rechtsnational und Angestellten des Außenministerium bezeichnet habe, hätte versucht, ein Boot zu finden, um gemeinsam mit Gesinnungsgenossen auf der von der Türkei beanspruchten Felseninsel Imia eine Provokation gegenüber der Türkei zu inszenieren.

Am 31. Januar 1996 verstarben beim Überflug über die von türkischen Kommandos besetzen Insel Imia die griechischen Offiziere Christodoulos Karathanasis, Panagiotis Vlachakos und Ektoras Gialopsos. Ihrer wird alljährlich zum Jahrestag gedacht.

Unter anderen veranstaltet die Goldene Morgenröte aus diesem Anlass zum Gedenktag Fackelzüge. Dieses Jahr jedoch wurde der Fackelzug auf den 3. Februar, den Vorabend vor der großen Demonstration verlegt.

Es gibt bereits angekündigte Gegendemonstrationen und die Botschaft, dass die Demonstration vom 4. Februar von Verbänden pensionierter Militärs geschützt wird. Athen steht ein heißes Wochenende bevor.