Nationale Front gegen Untersuchung einer Schmiergeldaffäre des spanischen Königs
Spanien: Die Schweiz ermittelt wegen einer Überweisung von 100 Millionen Dollar aus Saudi-Arabien, die regierenden Sozialdemokraten in Madrid wollen keine Untersuchungskommission
Erst kürzlich hatte die Zeitung Eldiario.es über die Ermittlungen der Schweizer Staatsanwaltschaft gegen den früheren spanischen König Juan Carlos berichtet. Angeblich soll Juan Carlos 100 Millionen Dollar vom saudischen König Abdullah auf ein Schweizer Konto überwiesen bekommen haben. Die Zeitung bezog sich auf Ermittlungen des Schweizer Redaktionsnetzwerks Tamedia.
"Weshalb überweist der saudische dem spanischen König 100 Millionen Dollar?", fragte der Schweizer Tagesanzeiger und verwies auf die Genfer Staatsanwaltschaft, die in diesem Zusammenhang gegen drei Personen ermittelt. Darunter auch die ehemalige Geliebte des Königs, Corinna zu Sayn-Wittgenstein.
Juan Carlos war vom Diktator Franco vor dessen Tod 1975 als Nachfolger eingesetzt worden. Er war bis 2014 Staatschef, musste aber wegen zahlreicher Skandale frühzeitig abdanken.
Statt wie allseits gefordert, die Abdankung zu nutzen, um endlich die Bevölkerung darüber abstimmen zu lassen, ob Spanien zu der von Francos Putschisten gestürzten Republik zurückkehren will, nahmen die Sozialdemokraten (PSOE) seinerzeit lieber am Spiel teil, eiligst mit der Rechten ein Abdankungsgesetz durchzupeitschen, um Juan Carlos Sohn Felipe auf den Thron zu heben.
Diese fatale Politik führt die nun regierende PSOE auch unter Pedro Sánchez fort. Sie hat am späten Dienstag mit Rechten und Ultrarechten verhindert, dass die neuen Korruptionsvorwürfe im Parlament untersucht werden. Einen Untersuchungsausschuss über die dubiosen Vorgänge lehnten die Sozialdemokraten ab (zum vierten Mal!) und stimmten im Parlamentspräsidium erneut in den Chor der rechten Volkspartei (PP) und der ultrarechten VOX-Partei ein.
Verwiesen wird darauf - jeder Demokratie unwürdig -, dass Juan Carlos und sein Nachfolger "Unantastbarkeit" genießen würden. Als das katalanische Parlament die Korruptionsvorwürfe einst untersuchen wollte, wies das Verfassungsgericht das Vorhaben ab und verwies auf die Verfassung, wonach der König nach Artikel 56.3 "unantastbar" sei und für seine Handlungen nicht "haftbar" gemacht werden könne.
Erstaunlicherweise dürfen offensichtlich Verbrechen im Königshaus nicht einmal untersucht und aufgeklärt werden. Klar, denn es steht eine Säule auf dem Spiel, auf dem das postfaschistische Spanien (immer wackeliger) ruht.
Diverse Juristen verweisen ohnehin darauf, dass diese Unantastbarkeit nicht in anderen Ländern wie in der Schweiz gilt. Vermutet wird, dass es sich um illegale Kommissionen handelt, die aus Saudi-Arabien unter anderem für den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Mekka geflossen sein sollen, für die ein spanisches Konsortium den Zuschlag erhielt.
Allerdings gibt es auch Hinweise, dass die Aktivitäten von Juan Carlos auch fortgesetzt wurden, als er seine "Unantastbarkeit" nach seinem Abdanken verloren hatte. Der Vorgang ähnelt sehr denen, über die die rechte PP gestolpert ist, die sich über 20 Jahre aus illegalen Schmiergeldern finanziert hatte und verurteilt wurde, weil sie "ein effizientes System institutioneller Korruption" betrieb.
Nach Angaben der Schweizer Ermittler floss das Geld aus Saudi-Arabien zu Beginn der Finanzkrise 2008 auf ein Konto bei der Bank Mirabaud in Genf. Überwiesen habe die 100 Millionen Dollar der damalige saudische König Abdullah. Das Konto lief auf den Namen einer panamaischen Stiftung. Einziger Begünstigter war Juan Carlos. Der ließ später angeblich den Großteil des Geldes, rund 65 Millionen Euro, an seine damalige Geliebte Sayn-Wittgenstein überweisen, was sie als "ungebetenes Geschenk" bezeichnet. Die "Prinzessin" habe das Geld auf einem Konto einer zweiten Genfer Bank auf den Bahamas erhalten, heißt es.
Mit Tonaufnahmen, die im Juli 2018 spanischen Zeitungen zugespielt wurden, kam der Stein gegen Juan Carlos ins Rollen. Denn die deutsche "Prinzessin" beschuldigte ihn in den Aufnahmen korrupter Machenschaften, für die er Millionen kassiert haben soll.
Sie hat inzwischen den ehemaligen König auch in Großbritannien angezeigt, weil der sie über den spanischen Geheimdienst (CNI) bedroht haben soll, damit sie "keine Staatsgeheimnisse" preisgebe. Hinter dem Vorgang, bei dem auch "Söldner" eingesetzt worden seien, habe der frühere CNI-Chef Félix Sanz Roldán gestanden, erklärte die Deutsche, deren Adelstitel aus einer kurzen Ehe mit Casimir zu Sayn-Wittgenstein stammt.
Klar ist, dass das Verhalten der Sozialdemokraten nun zu neuen Spannungen mit dem Koalitionspartner Podemos führt. Denn nun hatte, wie katalanische und baskische Parteien, auch Podemos einen Antrag für einen Untersuchungsausschuss gestellt.
Die war massiv wegen ihrer bisherigen Haltung unter den Druck der Basis geraten, weil sie doch für eine Republik eingetreten ist, gegen Monarchie und dafür, das Parlament von Mafiastrukturen zu säubern. Seit sie in der Regierung sitzt, ist auch sie auf einen Schmusekurs zur Monarchie eingeschwenkt. Die Konfliktfelder weiten sich nach einem Streit um die Maßnahmen zum Schutz von Frauen gegen Gewalt und zur Gleichstellung aus.