Nato im Indopazifik: Wo Macron Stopp sagt

Valiant Shield-Manöver in Guam mit Beteiligung des U.S. Indo-Pacific Command, 2020. Bild: US-Verteidigungsministerium

Debatte über "asiatische Nato": Frankreich ist gegen ein Verbindungsbüro der transatlantischen Allianz in Japan. China nicht erfreut über die Pläne des Westens. Das französische Militär zeigt seine Waffen in der Region.

Der indopazifische Raum wird für die Nato wichtiger. Entwicklungen in dieser Region, so das transatlantische Verteidigungsbündnis, "können sich unmittelbar auf die euro-atlantische Sicherheit auswirken". Deswegen wurde das Gebiet zum ersten Mal in das Strategische Konzept 2022 (Punkt 45) aufgenommen.

Dort ist die Rede von einer verstärkten Zusammenarbeit "neuen und bestehenden Partnern im indopazifischen Raum". Gefährdet sieht man die Nato-Sicherheitsinteressen durch China. Das ausgerufene Ziel heißt, "sich gemeinsam für die Stärkung der auf Regeln beruhenden internationalen Ordnung einzusetzen."

Nun könnte man vor diesem gewaltigen geopolitischen Projekt meinen, dass der Vorschlag, ein Nato-Verbindungsbüro in Japan zu eröffnen, sachlich und proportional gesehen eine Angelegenheit von minderer Bedeutung ist. Mit dieser Einschätzung wird aber augenscheinlich ein Teil der Realität "nicht abgeholt".

Der Teil betrifft die Diskussion dazu, die Empfindlichkeiten.

Der Vorstoß, ein kleines Büro in Tokio zu eröffnen, kommt zu einem Zeitpunkt, da die USA und Japan Europa drängen, sich stärker in Sicherheitsfragen in Asien zu engagieren, insbesondere da die Besorgnis über mögliche chinesische Militäraktionen gegen Taiwan zunimmt.

Die Entscheidung fiel jedoch mit der Kritik Pekings an den Bemühungen der USA zusammen, im indo-pazifischen Raum eine Koalition gegen China zu bilden, die es mit einer "asiatischen Nato" vergleicht.

Financial Times

Der Ausschnitt stammt aus einem Artikel der britischen Finanzzeitung von Anfang Juni. In dessen Zentrum steht die Ablehnung Macrons gegenüber den "ersten Außenposten des Bündnisses in der indopazifischen Region". Als Quellen für die Haltung des französischen Präsidenten wurden nicht weniger als "acht mit der Situation vertraute Personen" angegeben. Eine solche Mengenangabe anonymer Zuträger aus informierten Kreisen ist selten und etwas kurios.

"Prinzipiell nicht dafür"

Das Nein aus dem Elysée-Palast zum Nato-Verbindungsbüro in Japan hat jetzt vor dem anstehenden Gipfel des Atlantischen Bündnisses ein Update bekommen. Diesmal mit einer namentlich nicht genannten Quelle, die die Haltung Macrons wiedergibt:

"Wir sind prinzipiell nicht dafür", sagte ein Beamter des Elysée-Palastes am Freitag gegenüber Reportern. "Was das Büro betrifft, so haben uns die japanischen Behörden selbst gesagt, dass sie nicht besonders daran interessiert sind."

Politico

Zur Begründung wird die Nato ausbuchstabiert:

"Nato bedeutet Nordatlantikpakt-Organisation", sagte der Beamte und fügte hinzu, dass die Artikel 5 und 6, die den Kern des Bündnisses bilden, "geografisch" seien.

Politico

Dass sich Macron persönlich nicht neuerdings in einer Debatte exponieren will, die das Zeug zu einem Zwist im Bündnis hat, ist nach dem Furor über seine "Nato-ist-hirntot"-Äußerung verständlich. Es geht prinzipiell um Geschäftsinteressen mit China. Da lässt er Vorsicht walten, macht aber Positionen klar.

Verärgerung in Peking

China ist alles andere als erfreut über die Ausdehnung der Sicherheitsinteressen der Nato auf den Indo-Pazifik. Die Japan Times zitiert die Reaktion des Sprechers des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, auf die Nato-Büro-Pläne derart:

Asien liegt jenseits des geografischen Geltungsbereichs des Nordatlantiks. ... Wir haben jedoch gesehen, dass die Nato nach Osten in diese Region vordringt, sich in regionale Angelegenheiten einmischt und eine Blockkonfrontation heraufbeschwört.

Wang Wenbin

Offenbar ist man in Peking ziemlich verärgert. Laut Le Monde griff der Chef der chinesischen Außenpolitik, Wang Yi, ziemlich in die Tasten, um Asien vom Westen vor japanischen und südkoreanischen Diplomaten abzugrenzen:

Amerikaner und Europäer sind nicht in der Lage, Chinesen von Japanern oder Koreanern zu unterscheiden. Es spielt keine Rolle, ob wir uns blond färben oder uns die Nase richten lassen, wir werden nie Westler sein. Wir müssen wissen, wo unsere Wurzeln sind.

Wang Yi

Südkorea und Japan sind wie Neuseeland und Australien nach dem Nato-Gipfel in Madrid im letzten Jahr auch diese Woche als Gäste und Partner im indopazifischen Raum zum Treffen eingeladen, um die Partnerschaft zu vertiefen.

Militärische Begleitmusik

Am vergangenen Mittwoch seien zwei russische Militärschiffe in Shanghai eingetroffen, um an gemeinsamen Manövern mit der chinesischen Marine teilzunehmen. Das Manöver ende am 11. Juli, dem ersten Tag des Nato-Gipfels, bemerkt Le Monde spitz zu einem Timing der besonderen Art.

Dem lässt sich eine Nachricht des US-Militärmagazins Stars and Stripes hinzufügen, wonach die französische Luftwaffe "kürzlich an der Seite ihrer US-amerikanischen und japanischen Kollegen im Indopazifik trainierte, obwohl sich der französische Präsident gegen die Eröffnung eines Nato-Büros in Tokio aussprach".

Die französische Luftwaffe twitterte am Sonntag Fotos von Rafale-Kampfflugzeugen, die am Freitag zum ersten Mal in der Republik Palau in Mikronesien gelandet sind. Unterstützt wurden sie von zwei A400M-Atlas-Flugzeugen, die vom Luftwaffenstützpunkt Andersen in Guam gestartet waren.

Zehn Rafale, vier Atlas-Transporter und fünf Mehrzweck-Tankflugzeuge vom Typ Phenix A330 werden im Laufe des Sommers in den Indopazifik verlegt, wie die französische Botschaft in Malaysia letzten Monat in einer Pressemitteilung mitteilte.

Stars and Stripes

Geht es nach Informationen dieser Publikation, so gibt es den Vorschlag, das Nato-Büro in Japan in der Militärbasis der US-Luftwaffe, Yokota Air Base, westlich von Tokyo, einzurichten.