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Seite 2: Nach dem Mauerfall: Andere Prioritäten

Trotz wachsender nuklearer Bedrohungen sind Fachwissen und politischer Wille heute Mangelware. "Wir haben selbst in der politischen Gemeinschaft einen Rückgang des Bewusstseins, des Wissens und der Expertise festgestellt", so Rohlfing.

Dieser Rückgang ist weitgehend eine Geschichte der Prioritätsverschiebung. Als der Kalte Krieg endete, atmeten viele Menschen erleichtert auf.

Das entscheidende existenzielle Risiko des späten 20. Jahrhunderts schien zusammen mit der Berliner Mauer zu verschwinden. Andere Themen – der Terrorismus, der Aufstieg Chinas, der Klimawandel – rückten in den Mittelpunkt, und die Angst der Menschen vor der nuklearen Vernichtung begann zu verblassen.

"Es ist fast so, als ob die Menschheit immer nur eine Apokalypse auf einmal bewältigen kann", sagte Nolan letztes Jahr.

Erhöhtes Risiko

Es gibt jedoch ein Problem: Die Gefahr eines Atomkriegs ist nie verschwunden. Laut Rohlfing ist das Risiko eines nuklearen Einsatzes heute sogar "hoch, über Generationen hinausreichend".

"Wir sehen, wie die Leitplanken von Atomwaffen wegfallen", sagte sie und verwies insbesondere auf den langsamen Zusammenbruch des Atomabkommens zwischen den USA und Russland.

"Wir haben eine Reihe von Rüstungskontrollvereinbarungen geschlossen, um den nuklearen Wettbewerb zu regulieren, zu stabilisieren, die Anzahl der Waffen zu reduzieren sowie die Art ihres Einsatzes zu ändern", sagt Rohlfing. "All das ist erodiert oder einfach beiseitegelegt worden."

Nirgendwo ist die Gefahr eines Atomkriegs so greifbar wie in der Ukraine. Sollte es den ukrainischen Streitkräften gelingen, die russische Verteidigung zu durchbrechen und die Krim anzugreifen, schätzen US-Beamte die Wahrscheinlichkeit, dass Wladimir Putin zu einem Atomschlag greifen würde, auf 50:50.

Putin selbst hat seit seiner Invasion im Jahr 2022 eine Reihe verdeckter nuklearer Drohungen ausgesprochen, und einige seiner Stellvertreter waren in ihren Warnungen weniger subtil.

Funkstille zwischen Moskau und Washington

Da die Spannungen zwischen den USA und Russland nach dem Ende des Kalten Krieges einen Höhepunkt erreicht haben, hörten Washington und Moskau weitgehend auf, über Nuklearfragen zu sprechen.

Das National and Nuclear Risk Reduction Center des US-Außenministeriums, das einst als Clearingstelle für mehr als tausend jährliche Informationen über die nuklearen Aktivitäten Russlands diente, erhielt im vergangenen Jahr gerade einmal zwölf Nachrichten aus Moskau.

"Heute können die Mechanismen, die Frieden bewahren, nicht mithalten mit der Maschinerie des Krieges", schrieb W.J. Hennigan in der New York Times.

Die Regierung Biden hat einige Anstrengungen unternommen, um diesen Trend zu korrigieren. Der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan verkündete im vergangenen Juni, die USA seien offen für neue Nukleargespräche mit Russland und China "ohne Vorbedingungen" – ein bemerkenswertes Angebot angesichts des desolaten Zustands der heutigen Beziehungen zwischen den Großmächten.

Nach Ansicht von Rohlfing hat die Regierung jedoch noch einen weiten Weg vor sich, um diese Einladung in echte Rüstungskontrollgespräche umzusetzen. "Trotz der Äußerungen von Jake Sullivan in seiner Rede ist mir nicht klar, dass dieses Angebot wirklich in die Tat umgesetzt wurde", sagte sie. "Wir brauchen ein kontinuierliches, beharrliches Niveau der Bemühungen".

Der Artikel erscheint in Kooperation mit dem US-Medium Responsible Statecraft. Sie finden das englische Original hier. Übersetzung: David Goeßmann.