Neue Linke-Chefinnen stehen fest
Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow auf digitalem Parteitag mit großer Mehrheit gewählt
Mit jeweils mehr als zwei Dritteln der Delegiertenstimmen sind heute Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow zum neuen Führungsduo der Partei Die Linke gewählt worden. Wissler, die bereits deren hessische Landtagsfraktion anführt und in ihrer Bewerbungsrede auf dem digitalen Parteitag klare antikapitalistische Positionen vertrat, erhielt mit 84,2 Prozent das bessere Ergebnis, allerdings hatte sie - anders als Hennig-Wellsow, die auf der "gemischten" Liste stand - keine Gegenkandidaten.
"Wir leben in einer Klassengesellschaft, das wird in dieser Krise noch deutlicher", hatte Wissler, die auf der Liste zur Sicherung der Mindestquotierung von Frauen antrat, betont. Viele Menschen seien in Existenznot geraten und hätten begründete Zukunftsängste, während die Reichen noch reicher geworden seien. "Mit diesen Zuständen werden wir uns niemals abfinden", versprach die 39jährige. Eine grundsätzliche Veränderung der Gesellschaft sei nötig: "Es geht nicht nur um ein größeres Stück vom Kuchen. Es geht ums Ganze, es geht um die Bäckerei." Von 532 abgegebenen Delegiertenstimmen erhielt Wissler 448 - bei 64 Gegenstimmen und 20 Enthaltungen.
Hennig-Wellsow, die zwei männliche Gegenkandidaten hatte, kam auf 70,5 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die bisherige Thüringer Landes- und Fraktionsvorsitzende hatte sehr deutlich für eine Regierungsbeteiligung auch im Bund geworben: "Lasst uns nicht mehr warten. Die Menschen haben keine Zeit, auf uns zu warten", so die 43jährige. "Ob Schwarz-Grün kommt oder Rot-Rot-Grün, liegt auch an uns!"
Ihr Gegenkandidat Reimar Pflanz vom brandenburgischen Kreisverband Märkisch-Oderland kam auf 19,4 Prozent, obwohl der 50jährige bundesweit relativ unbekannt und erst 2017 in die Partei eingetreten ist. Soweit bekannt, hatte er nicht mit einem Wahlsieg gerechnet, sich aber mehr Wettbewerb gewünscht. Vor allem aber hatte er im Rahmen seiner Bewerbungsrede die Partei warnen wollen: vor der Aufgabe von Prinzipien zugunsten von Regierungsbeteiligungen.
2,8 Prozent beziehungsweise 15 der abgegebenen Delegiertenstimmen erhielt der 47jährige Torsten Skott aus Mecklenburg-Vorpommern, der in seiner Bewerbungsrede unter anderem kritisiert hatte, dass in den vorderen Reihen der Partei Die Linke kaum Arbeiter vertreten seien, obwohl sie doch den Anspruch habe, Arbeiterpartei zu sein. Sie dürfe den Kontakt zur Basis nicht verlieren, so Skott, der wegen einer MS-Erkrankung selbst Grundsicherungsempfänger und EU-Rentner ist.
Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow müssen noch per Briefwahl als Vorsitzende bestätigt werden. Verabschiedet wurden an diesem Samstag Katja Kipping und Bernd Riexinger, die seit Juni 2012 die Partei angeführt hatten. Ursprünglich wollten Sie schon im Juni 2020 aufhören, der geplante Wahlparteitag war aber wegen der Corona-Pandemie zweimal verschoben worden. Die Linke sei in den vergangenen Jahren moderner geworden, aus der politischen Landschaft nicht mehr wegzudenken und eine anerkannte Partei, bilanzierten sie. "Der Boden ist bereitet. Jetzt kann ein neues Kapitel aufgeschlagen werden", sagte Kipping.
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