Neue Sanktionen, alte Probleme: Kann der Westen Russland zähmen?

Die Resilienz der russischen Wirtschaft gegenüber internationalen Sanktionen

Symbolische Darstellung der Widerstandsfähigkeit Russlands gegen westliche Sanktionen, umgeben von Umgehungsstrategien und Wachstum.

(Bild: KI-generiert)

Westen verschärft Sanktionen gegen Russland, doch Effekt bleibt fraglich. Kann diese Strategie Moskau wirklich beeinflussen? Warum sie bisher nicht funktioniert hat.

Der Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine jährt sich zum zweiten Mal. Für die Staaten der Europäischen Union ist dies Anlass, neue Sanktionen gegen Personen, Institutionen und Firmen in Russland zu erlassen. Auch die Regierung in den USA hat mehr als 500 neue Sanktionen angekündigt.

Vor zwei Jahren war der kollektive Westen überzeugt, die Kraft der Sanktionen könnten den Kreml dazu bringen, seine Streitmacht aus der Ukraine und von der Halbinsel Krim abzuziehen. Die Worte der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) standen stellvertretend für diese Überzeugung. "Das wird Russland ruinieren", sagte sie damals.

Die unerwartete Resilienz der russischen Wirtschaft unter Sanktionen

In den vergangenen 24 Monaten zeigte sich allerdings immer wieder das Gegenteil. Und noch heute zeigt sich der kollektive Westen überrascht davon, dass die Sanktionen nicht den gewünschten Effekt zeigten. Unerwartet gut entwickelt sich die russische Wirtschaft, erklärte jetzt der Internationale Währungsfonds (IWF).

Die russische Ökonomie sei eine Kriegswirtschaft, erklärte IWF-Kommunikationsdirektorin Julie Kozack laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) am Donnerstag. Die hohen Militärausgaben kurbeln die Produktion an. "Außerdem gibt es eine ganze Reihe von Sozialtransfers, die den Konsum ankurbeln."

Vergleich: Russlands Wirtschaft wächst, Eurozone schwächelt

Für dieses Jahr rechnet der IWF mit einem Wachstum der russischen Wirtschaft von 2,6 Prozent. Zum Vergleich: Die deutsche Bundesregierung geht in diesem Jahr von 0,2 Prozent aus. In der gesamten Eurozone könnte das Wachstum auf 0,8 Prozent betragen.

Auf lange Sicht wird die russische Wirtschaft dennoch Schaden nehmen, zeigte sich Kozack überzeugt. Schon jetzt zeige sich Anzeichen von "Überhitzung". Mittelfristig verlangsame sich das Wirtschaftswachstum, schließlich sei Russland vom internationalen Wirtschaftssystem abgeschnitten. Das Land habe zudem nur eingeschränkten Zugang zu Technologien.

Wie Russland westliche Sanktionen umgeht: Bericht des ifo Instituts

An diesem Punkt scheiterten allerdings die westlichen Sanktionen. Über Umwege bezieht Russland weiterhin sanktionierte Technologien aus dem Westen. Das geht aus einem Bericht hervor, der kürzlich vom Münchner ifo Institut vorgestellt wurde.

Abgewickelt werden die Geschäfte über frühere Teilrepubliken der Sowjetunion in Zentralasien. Ausdrücklich genannt werden Armenien, Kasachstan, Usbekistan und Kirgisistan. Auch die Türkei wird genannt.

Untersucht wurden die Handelsdaten für sanktionierte Güter, die für die russische Wirtschaft und für die Rüstungsindustrie wichtig sind, etwa Fahrzeuge, Kugel- und Rollenlager. Von diesen Gütern wurden im Jahr 2022 etwa 50-mal mehr über die Drittländer nach Russland exportiert als im Jahr 2019.

Der Kampf gegen den Preisdeckel: Russlands Schattenflotte

Die G-7-Staaten führten in den vergangenen zwei Jahren einen Preisdeckel auf russisches Rohöl und Ölprodukte ein. Oberhalb der vorläufigen Preisgrenze von 60 US-Dollar je Barrel durften kein russisches Öl mit dem Schiff transportiert werden. Mit einer Schattenflotte von alten Tankern umging Russland den Preisdeckel. Versicherungen, die nicht in den G-7-Staaten beheimatet sind, halfen dabei.

Die Bedeutung einer globalen Koalition gegen Russlands Wirtschaft

Die Sanktionen hätten erfolgreicher sein können – aber Schwellenländer wie China, Vietnam oder Brasilien zogen nicht mit. Eine breite internationale Koalition ist allerdings notwendig, um den Maßnahmen Schlagkraft zu verleihen, legte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer aktuellen Studie dar.

Das DIW untersuchte die westlichen Sanktionen, die 2014 eingeführt wurden, nachdem Russland die Halbinsel Krim in sein Staatsgebiet eingegliedert hatte. Sie reduzierten den Konsum um 1,4 Prozent. Hätte eine globale Koalition hinter dem Projekt gestanden und ein vollständiges Handelsembargo eingeführt, wäre der Konsum um 15 Prozent zurückgegangen.

Britische und EU-Strategien zur Verschärfung der Sanktionen

Die internationale Koalition ist bis heute nicht zustande gekommen. Die westlichen Staaten bauen dennoch weiterhin auf das Instrument der Sanktionen – und möchten es ausbauen. Das britische Außenministerium erklärte laut dpa entsprechend:

Die heutigen Maßnahmen werden Putins Fähigkeit beeinträchtigen, sein in Schwierigkeiten geratenes Militär mit High-Tech-Ausrüstung und dringend benötigten Waffen auszustatten, und ihn daran hindern, seine Kriegskassen aufzufüllen, während die Ukraine sich verteidigt.

Auch die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, verspricht sich von den neuen Sanktionen, die Kriegsmaschinerie von Präsident Wladimir Putin weiter zu degradieren. Der Erfolg der neuen Sanktionen wird sich zeigen müssen. Bislang stehen sie unter keinem guten Stern.

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