Neuer Vorwurf gegen Assad: "Er enteignet Flüchtlinge"
Seite 2: Die 30-Tages-Frist und die "Anwälte des Folterregimes"
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Als problematisch wird angeführt: der Eigentumsnachweis in informellen Gebieten, gemeint sind die Schwarzbauten in syrischen Städten. "Nur für etwa die Hälfte des Landes in Syriens existieren laut der Weltbank Kataster", so die SZ. Nach offiziellen Zahlen der syrischen Regierung sollen etwa 40 Prozent aller Wohnungen schon im Jahr 2004 in Schwarzbau-Vierteln gelegen haben, heißt es.
Wo es keine formellen Kataster gibt oder alles zerstört ist, sollen Expertenkomitees die Eigentumsverhältnisse klären. Und hier kommt die Frist von 30 Tagen ins Spiel:
Binnen 30 Tagen nachdem ein solcher Entwicklungsplan per Dekret erlassen wird, müssen die Besitzer von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen ihre Eigentumsrechte nachweisen. Anderenfalls kann ihr Besitz versteigert oder der öffentlichen Hand zugeschlagen werden. Entschädigungen sind nur beschränkt vorgesehen.
SZ
Ehsani2: Die Position von Assad erklären
Genau an diesem Punkt setzt nun der syrisch-amerikanische Syrien-Beobachter Ehsani2 an, der an dieser Stelle schon öfter zitiert wurde. Ehsani 2 ist nach eigenen Angaben ein Banker. Er verfasste schon in Jahren weit vor dem Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen - regierungskritische - Artikel auf Joshua Landis' Blog "Syria Comment".
Die Kritik an der Regierung Baschar al-Assad bezog sich vor allem auf die Wirtschafts- und die Sozialpolitik, weniger, wenn überhaupt, auf Folter und das weit ausgebaute Geheimdienstwesen und Härten im Umgang mit der Opposition.
Ehsani 2 gehört zur syrischen Elite, hatte aber davon abweichende politische Auffassungen. Dieser Zusammenhang ist zu seiner Person wichtig. Daher rühren aller Wahrscheinlichkeit nach auch seine sehr gute Kontakte zu Regierungsquellen in Damaskus.
Im Verlauf des Aufstands im Jahr 2011, als Oppositionelle begannen, sich zu bewaffnen, und der Einfluss von Mächten außerhalb Syriens deutlicher wurde, begann sich die Kritik von Ehsani 2 an der Opposition zu schärfen; zugleich gab es von ihm immer wieder Beiträge, die die Position Baschar al-Assads in einem anderen Licht zeigten als es sonst in westlichen Veröffentlichungen üblich ist. Was ihm den Vorwurf einträgt, ein "Assadist" zu sein.
"30-Tage? Erst in einem Jahr ..."
So auch bei dem Dekret 10. Dazu hat Ehsani 2 zwei Twitterthreads veröffentlicht (hier und hier). Dabei hebt er zum einen grundsätzlich hervor, dass es, um zerstörte Viertel wieder aufzubauen, wegen der Rechtssicherheit nötig ist, die Eigentumsverhältnisse in Erfahrung zu bringen. Zum anderen versucht er die Aufregung über die 30 Tages-Frist und die persönliche Anwesenheit zu beruhigen.
Die beginne nämlich erst, wenn die Regierung ein spezifisches Dekret für ein spezifisches Gebiet erlassen habe, die Baupläne fertig sind und die Regierung eine Liste der Besitzer erstellt hat. Dafür habe die Regierung 45 Tage Zeit, danach würde ein Komitee formiert, das binnen eines Monats einen genauen Überblick über das Gelände erarbeite, dann erst würde das Verwaltungs-Komitee die 30-Tagesfrist einläuten, nicht ohne vorher über Medien, Zeitungen, Fernsehen und Internet über das Vorhaben Bescheid zu geben.
Erfahrungsgemäß würde sich das Procedere über mindestens ein Jahr hinziehen, so Ehsani 2. Das andere Argument, das er den Vorwürfen der Enteignung entgegenstellt, ist, dass die Besitzer nicht unbedingt persönlich mit Originalpapieren erscheinen müssten. Kopien genügen und sie können sich von entfernten Verwandten oder von akkreditierten Anwälten vertreten lassen.
Dazu gibt es nun Gegenargumente, wie sie Ehsani2 vom Twitteraccount syrianviews mit unbekanntem Autor in einer exemplarischen Art und Weise entgegengehalten werden. Ein Anwalt werde in Syrien nur anerkannt, wenn ihn die "Geheimdienste zertifizieren". "Sie wissen schon die Leute, die die Folterfabriken am Laufen halten".