New Hampshire: Bernie Sanders vor Hillary Clinton
Die Umfragewerte des unabhängigen Senators steigen, während die der Favoritin zurückgehen
Unter den 50 USA-Bundesstaaten gibt es zwei, in denen die Präsidentschaftsvorwahlen der beiden großen Parteien besondere Aufmerksamkeit erzeugen: New Hampshire und Iowa. Das liegt daran, dass diese Vorwahlen dort früher stattfinden als in anderen Bundesstaaten. Deshalb widmen ihnen viele Kandidaten besonders viel Zeit und Geld: Wer dort gewinnt oder wenigstens gut abschneidet, der erzeugt Aufmerksamkeit und erweckt bei den Vorwählern in anderen US-Bundesstaaten den Eindruck, dass es sich um einen Kandidaten handelt, der gewinnen kann und bei dem man seine Stimme nicht verschenkt.
In New Hampshire, wo am 9. Februar 2016 abgestimmt wird, hat einer für den Boston Herald zwischen dem 7. und dem 10. August durchgeführten Umfrage der Franklin Pierce University zufolge der unabhängige Senator Bernie Sanders, der verspricht, den Finanzsektor aufzuräumen, der Favoritin Hillary Clinton die Führungsposition abgenommen. Mit 44 Prozent liegt er in dieser Umfrage deutlich vor der Ex-Präsidentengattin, die nur auf 37 Prozent kommt. Allerdings liegt die Fehlertoleranz aufgrund der relativ kleinen Zahl von Befragten (442) bei +/- 4,7 Prozent.
Hinzu kommt, dass die Meinungsforscher den Befragten auch den aktuellen Vizepräsidenten Joe Biden zur Auswahl stellten, der sich noch gar nicht entschieden hat, ob er antritt. Da er politisch deutlich näher bei Clinton als bei Sanders liegt, würden die für ihn gemessenen neun Prozent im Falle seines Nichtantretens eher Clinton zugute kommen. Die anderen drei Bewerber - Jim Webb, Martin O'Malley und Lincoln Chafee - werden bei einem Prozent oder darunter gemessen.
Stellt man zusätzlich Elizabeth Warren, zur Auswahl, die politisch eher Bernie Sanders nahesteht, dann erzielt man ein anderes Ergebnis, wie eine zwischen dem 31. Juli und dem 3. August für den Kabelfernsehkanal One America News Network (OAN) durchgeführte Erhebung unter 475 Befragten zeigt: Hier liegt Hillary Clinton mit 43 Prozent vor Bernie Sanders, der auf 39 Prozent kommt, weil acht Prozent für Elizabeth Warren stimmen würden. Warren hat jedoch - anders als Biden - explizit erklärt, nicht zu kandidieren.
Sieht man sich ältere Umfragen an, dann wird ein Trend sichtbar, der Clinton potenziell beunruhigen dürfte: Ihr Stimmenanteil in New Hampshire, der im Mai in einer Umfrage von Purple Strategies noch bei 62 Prozent gemessen wurde, geht zurück, während der von Sanders wächst. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass der Skandal um die Umgehung der Überprüfbarkeit dienstlicher Emails durch die ausschließliche Nutzung eines privaten Accounts weiter schwelt und den bei vielen Bürgern vorhandenen Eindruck verstärkt, dass man der sehr künstlich und berechnend wirkenden Kandidatin mit besten Verbindungen zur Hochfinanz nicht trauen kann.
Allerdings führt Sanders bislang nur in zwei Bundesstaaten, die aufgrund ihrer geringen Bevölkerungszahl relativ wenige Delegierte zum Nominierungsparteitag der Demokraten entsenden: In New Hampshire und in seinem direkt daneben liegenden Heimatstaat Vermont. Clinton dagegen liegt in 31 vorne - auch in den bevölkerungsreichen Bundesstaaten Kalifornien, Texas und Florida. In 17 Bundesstaaten wurden noch keine Umfragen durchgeführt.
Aber auch in Bundesstaaten, in denen Clinton vorne liegt, steigt Sanders' Stimmenanteil: In Oregon (Clinton: 44, Sanders: 39) könnte er theoretisch sogar führen, wenn man die Fehlermarge von +/- 7 Prozent berücksichtigt. Im daneben liegenden Washington wurde die letzte Erhebung im Mai durchgeführt: Rechnet man dort die Anteile für Sanders (19 Prozent) und Elizabeth Warren (26 Prozent) zusammen, dann kommt man auf 45 Prozent und einen höheren Anteil, als den, den Clinton (35 Prozent) und Biden (4 Prozent) zusammenbekommen. Landesweit messen die Institute ebenfalls deutliche Zuwächse für Sanders: Bei Morning Consult stieg sein Anteil zwischen dem 9. und dem 16. August von 19 auf 24 Prozent und bei Fox News zwischen dem 2. und dem 13. August von 22 auf 30 Prozent. Clintons Wert sank in den selben Zeiträumen von 56 auf 50 beziehungsweise 51 auf 49 Prozent.
Der in allen Umfragen relativ hohe Anteil der Wähler die unentschieden sind oder keinen der zur Auswahl gestellten Kandidaten wollen, zeigt, dass auch Späteinsteiger noch eine Chance haben. Einer davon könnte der Creative-Commons-Miterfinder Lawrence Lessig sein. Er tritt an, wenn er bis zum 7. September via Crowdfundig eine Million Dollar an Wahlkampfspenden zusammenbekommt. Als Präsident will er dem Volk einen Gesetzentwurf zur Abstimmung vorlegen, der die Abhängigkeit der Politik von der Wirtschaft beenden soll. Danach soll das Amt sein Vizepräsidentin oder seine Vizepräsidentin übernehmen. Für diesen Posten hat er Elizabeth Warren ins Spiel gebracht - offenbar in der Absicht, ihrer zahlreichen Anhänger dazu zu bewegen, die offiziell unwillige Senatorin auf diesem Umweg ins Präsidentenamt zu befördern.
Die erste Fernsehdebatte der demokratischen Präsidentschaftsaspiranten findet am 13. Oktober statt. Daran dürfen nur die Bewerber teilnehmen, die in den Umfragen bei mindestens einem Prozent gemessen werden. Webb und O'Malley würden diese Hürde derzeit knapp überspringen. Für Chafee, der sich mit seinem Vorschlag zur Übernahme des metrischen Systems zur Kosteneinsparung für die Wirtschaft ins Abseits stellte, sieht es dagegen schlecht aus.
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