Nicht "Mia san Mia", sondern "Mia san mehr"
Zehntausende haben an der "#ausgehetzt"-Kundgebung gegen die CSU in München teilgenommen
Vermutlich hat die CSU nicht nur mit ihrer Politik, sondern zuletzt auch mit dem Versuch, die Demonstration und Kundgebung #ausgehetzt, zu der 130 Organisationen, Gruppen und Parteien aufgerufen haben, zu diskreditieren, erst recht für einen Zulauf von Sympathisanten gesorgt.
Viele Menschen haben genug davon, dass die CSU im Versuch, die AfD-Wähler zu sich zu holen, fast ausschließlich auf Flüchtlingsabwehr, Grenzen dicht und Sicherheit setzt und dabei entsprechendes rechtes Vokabular benutzt. Das ließ sich zuletzt auch bei Umfrageergebnissen bemerken. Der peinliche Theaterstreit der CSU ließ die Partei auf ein Rekordtief von 38 Prozent abstürzen, profitieren konnte davon aber die AfD nicht, die bei 12 Prozent konstant blieb, auch nicht die FDP, sondern die Grünen und die Freien Wähler konnten jeweils mit 2 Punkten sowie die SPD und die Linke mit einem Punkt zulegen.
Im Vorlauf der Kundgebung versuchte die CSU-Regierung Druck auszuüben, um Leiter von Münchener Theatern den Mund zu verbieten und sie davon abzuhalten, zur Demo mit aufzurufen. Schon das sorgte für Solidarität. Und dann hatte noch jemand die Idee, mit Plakaten gegen die Plakate der Veranstaltung anzugehen, auf denen die CSU "politischen Anstand" demonstriert und "Nein zu #ausgehetzt" proklamiert.
Das schon ist eine sprachliche Falle, denn das würde bedeuten, dass die CSU weiter zur Hetze steht. Dazu wird noch erklärt, dass "Bayern" sich nicht verhetzen lässt, als ob angesichts der abstürzenden CSU ganz Bayern hinter der CSU steht und Kritik an der Politik der CSU mundtot machen will.
Zum Plakat, das mitunter in München von der Polizei bewacht werden musste, heißt es im Tweet: "Bayern lässt sich nicht verhetzen! Wir verwahren uns gegen politische Hetze und rufen alle zu politischem Anstand auf. Die Menschen in Bayern wissen, was sie an der CSU haben."
Die Folge war ein Streisand-Effekt, der eigentlich bei den Parteistrategen bekannt sein sollte, zumal schon der Versuch, die Teilnehmer an der Demonstration gegen das neue Polizeigesetz zu diskriminieren, nicht erfolgreich war ("Obacht Söder, mir san grantig!").
Heute Nachmittag auf dem überfüllten Königsplatz haben jedenfalls Zehntausende von Bayern (25.000-50.000) von sehr jung bis alt trotz des schlechten Wetters nicht für "Mia san Mia", sondern für "Mia san Mehr", nicht für völkische Homogenität, sondern für Vielfalt und Buntheit plädiert.
Erinnert wurde an die Münchner Lichterkette, als 1992 400.000 Menschen gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass auftraten, nachdem in Deutschland auch damals schon Ausschreitungen und Mordanschläge auf Ausländer und Flüchtlinge stattgefunden hatten. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach ein Grußwort und zeigte damit, dass er dem Druck der CSU hier nicht nachgeben wollte.