Nicht Plastik, Zigarettenkippen sind der häufigste Abfall

Bild: Smaragd/pixabay.com

Jährlich gelangen 4,5 Billionen Kippen in die Umwelt und schädigen, neben allen anderen negativen Folgen des Rauchens, Mikroorganismen, Tiere und Pflanzen

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Derzeit wird viel über Plastik gesprochen, der den Planeten einmüllt und auch in die Organismen einwandert. Es gibt aber noch einen vielleicht weniger auffälligen Müll, den man ebenso wie Plastikabfall auch vielfach an Badestränden in bedenklichem Ausmaß - wie in Thailand - findet: Zigarettenkippen. Wer Raucher ist oder war, weiß, dass die Kippen draußen gerne überall weggeworfen werden. Macht ja nichts, wenn die Überreste von Zigaretten, deren Rauch man selbst inhaliert, draußen in der Natur landen. Wenn die Kippen und der Filter zerfallen, geben sie ihre Gifte frei, in den Boden, ins Grundwasser, in Flüsse oder dem Meer.

Angeblich sind Zigarettenfilter aus Zelluloseazetat bzw. Kippen der häufigste Abfall auf der Erde. Sie werden am häufigsten bei Strand- und Wasserrandreinigungen aufgelesen. 2016 sollen 5,7 Billionen Zigaretten von einer Milliarde Rauchern - 80 Prozent Männer - geraucht worden sein, dreiviertel der Kippen landen weggeworfen in der Natur. Das ist eine gewaltige Menge. Auch wenn die Zahl der Raucher in einigen Ländern allmählich abnimmt, steigt sie in anderen weiter an.

Die WHO schätzte 2015, dass die Tabakfabriken in den vergangenen 20 Jahren 45 Millionen Tonnen festen Abfall, 6 Millionen Tonnen Nikotinabfall und 400.000 Tonnen chemischer Abfall entstanden sind. Dazu kommen andere toxische Nebenprodukte wie Ammonium, Toluene, Methylethylketon oder Salzsäure.

Schon beim Anbau werden große Mengen an Chemikalien wie Pestizide, Dünger oder Wachstumsregulatoren eingesetzt, die teilweise im Tabak bleiben und mitgeraucht werden. Das Rauchen ist primär für die Raucher und Passivraucher gefährlich - und sorgt für klimaschädliche Emissionen. Nach einer Studie (2018) werden durch das Rauchen von Zigaretten 2,6 Millionen Tonnen CO2-Emissionen und 5,2 Millionen Methanemission erzeugt, dazu kommen die Folgen durch das Abholzen von Wäldern zum Tabakanbau.

Wenn ein Streichholz zum Anzünden von zwei Zigaretten benutzt würde, müssten dafür 9 Millionen Bäume gefällt werden. Durch die Herstellung und Entsorgung von Feuerzeugen (Plastik, Metall, Gas) wird ebenfalls die Umwelt belastet.

Zelluloseazetat-Zigarettenfilter sind nicht nur mit Giftstoffen wie Arsen, Blei, Nikotin etc. angereichert, sie können biologisch auch nicht abgebaut werden, sondern wie Plastik zerfällt auch dieser Kunststoff. Daher werden Celluloseacetat-Partikel wie Mikroplastik-Partikel überall auf der Erde gefunden, auch im Packeis der Arktik.

Berechnet man das Gewicht eines Zigarettenfilters auf 170 Milligramm, so kommen alleine durch die weggeworfenen Filter über 175.000 Tonnen an nicht biologisch abbaubaren Müll jährlich zustande. Neuerdings werden Filter aus prinzipiell biologisch abbaubarer Zellulose hergestellt. Nach einer Untersuchung zerfallen diese auf dem Boden ähnlich wie herkömmlichen Filter, nur im Kompost geht es etwas schneller. Herkömmliche Filter brauchen 7 Jahre im Kompost und 14 Jahre auf dem Boden, bis sie verschwunden sind, die Zellulose-Filter 2,3 bzw. 13 Jahre. Wenn es sich um gerauchte Filter handelt, die also mit Teer vollgesogen sind, geht auch hier der Unterschied drastisch zurück.

Über die Risiken für die Umwelt ist kaum Genaueres bekannt. Klar ist, dass Tiere und Mikroorganismen durch die Gifte und Filter gefährdet sind, ebenso das Grundwasser, wenn geschätzte 4-5 Billionen Kippen jährlich weggeworfen werden. So wurden in 70 Prozent der Meeresvögel und in 30 Prozent der Schildkröten Teile von Filtern gefunden. Nach einer Studie sind auch die ungerauchten Filter für die Umwelt gefährlich und bedrohen etwa Wasserflöhe. Bakterien im Meer und Fische. Ein Filter besteht aus etwa 15.000 mit Triazetin verklebte Zelluloseazetat-Fasern, die von einer Chemikalien wie organischen Säuren enthaltenden Papierschicht umwickelt sind. Filter, die vom Rauchen benutzt wurden, sind noch toxischer für Fische und Mikroorganismen.

Eine neue Studie fand nun auch heraus, dass Kippen Pflanzen schaden. Die Wissenschaftler der Anglia Ruskin University in Cambridge untersuchten, wie sich ungerauchte, gerauchte und noch Tabak enthaltende Zigarettenfilter auf das Wachstum des Deutschen Weidelgrases und des Weißes Wiesenklees auswirken.

Nach 21 Tagen stellte sich heraus, dass die Austrieblänge und der Keimungsprozess bei beiden Pflanzen durch alle Arten von Kippen deutlich reduziert wurden. Ergebnis war, dass Kippen das Wachstum mindern und die primäre Produktivität von Bodenpflanzen verändern. Der Klee reagierte sehr viel stärker negativ auf Kippen als das Gras. Das Wachstum von Gras wurde um 13 Prozent und die Keimung um 10 Prozent vermindert, beim Klee um 28 bzw. 27 Prozent. Die Biomasse von Gras war nicht beeinträchtigt, wohl aber die des Klees, die um 60 Prozent geringer wurde. Die Wissenschaftler durchsuchten zur Studie auch Orte in Cambridge. An manchen Stellen fanden sie 128 Kippen pro Quadratmeter, durchschnittlich waren es 2,6 pro Quadratmeter.