Nicht genügend Bewerber für Lehrstellen

Der Berufsbildungsbericht verzeichnet einen Rekordwert unbesetzter Stellen. Sind die Anforderungen zu hoch?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Im jährlich erscheinenden Berufsbildungsbericht, der heute von Bildungsministerin Wanka dem Kabinett vorgelegt werden soll und vorab in Auszügen bekannt wurde, ist die Rede von 33.275 Ausbildungsstellen, die keinen Bewerber gefunden haben. Das sei ein Anstieg von 12,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein Rekordwert, heißt es.

Besonders die kleineren und Kleinstbetriebe hätten Schwierigkeiten, eine Lehrstelle zu besetzen, heißt es. 35 Prozent der Betriebe fanden keine Lehrlinge. Ob der Mangel an Lehrlingen mit einem gesellschaftlichen Trend zu tun hat, der in einer von Unsicherheit und Zukunftsangst geprägten Wettbewerbssituation ("keine Chance verpassen") Hauptschule oder auch Realschule plus Lehre als Ausbildungsoption in den Hintergrund drängt, ist nicht bekannt.

Bekannt ist dagegen, dass Betriebe seit einiger Zeit darüber klagen, dass viele Lehrstellenbewerber von der Schule nur unzureichend auf die Lehre vorbereitet und "leistungsschwach" seien. Maßnahmen gegen die monierten Defizite waren Schwerpunkt des letztjährigen Bildungsberichts. Ende 2011 hatte eine Untersuchung der IHK für Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie statuierte, dass "rund die Hälfte der Jugendlichen nicht ausbildungsreif sei".

Man finde keine geeigneten Bewerber für die zu besetzenden Ausbildungsplätze, kommentierten Arbeitgeber. Der Hauptgeschäftsführer der DIHK wurde damals mit der Ansicht zitiert, wonach die Unzufriedenheit mit der Leistungsbereitschaft, der Belastbarkeit und der Disziplin mancher Schulabgänger seit 2006 kontinuierlich ansteige. Kritiker hielten dem allerdings entgegen, dass die Unternehmer zu hohe Anforderungen stellten und selbst mehr in die Ausbildung investieren müssten (vgl. dazu Prädikat: Nicht ausbildungsreif. Die Unternehmen tragen ihren Teil zu dieser Misere bei).

Die Diskussion über die Anforderungen, die an die Bewerber gestellt werden, und deren Ausbildungsreife wird wahrscheinlich mit der Veröffentlichung des aktuellen Bildungsberichts wieder aufleben. Darauf deuten erste kritische Äußerungen aus den Reihen von Arbeitnehmervertretern hin. Sei zeigen sich enttäuscht von den Betrieben, die nicht alle Möglichkeiten nutzen würden, um Bewerber "mit weniger Chancen" zu unterstützen.

Zwar beobachtet der Bildungsbericht auch eine spürbare Abschwächung des Ausbildungsmarktes, der mit der Konjunktur in Zusammenhang gebracht wird, angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Krisenländern, ist das jedoch kein bedeutendes Problem. Einmal mehr wird im Bildungsbericht das deutsche Modell der dualen Ausbildung prinzipell als vorbildlich dargestellt: Das Zusammenspiel von betrieblicher Ausbildung und staatlicher Berufsschule werde insbesondere von südeuropaischen Staaten wegen der relativ niedrigen Jugendarbeitslosigkeit besonders beachtet und Nachahmungen erwogen, wird berichtet.