Niederlage für Scholz: Aus für Pyrenäen-Pipeline
Jetzt soll eine Wasserstoff-Pipeline als "grüner Energiekorridor" gebaut werden, da sich Erdgas-Infrastruktur nicht für den Wasserstofftransport eignet. Das Entscheidende wird verschleiert.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich in der Frage der sogenannten Pyrenäen-Pipeline durchgesetzt. Die MidCat-Pipeline, für die sich vor allem der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingesetzt hatte, wird nun definitiv beerdigt. Der Kanzler ist nun der große Verlierer, denn er hatte zunächst erfolgreich Druck auf den spanischen Sozialdemokraten Pedro Sánchez ausgeübt, damit auch der sich gegenüber Frankreich für den Weiterbau der umstrittenen Gasröhre einsetzt.
Doch am Donnerstag haben sich Frankreich, Spanien und Portugal nun darauf geeinigt, die Pipeline, die schon vom Hafen in der katalanischen Metropole Barcelona bis an den Rand der Pyrenäen verlegt wurde, zu "beerdigen", wie französische Medien berichten.
Zwar wird in regierungsnahen spanischen Medien auch Sánchez nun als Sieger gefeiert, tatsächlich geht aber auch Sánchez und seine Regierung angeschlagen aus dem Vorgang hervor. Denn der hatte sich von Scholz gegen gute Argumente von Macron auf die deutsche Seite ziehen lassen.
Die Bundesregierung hatte gehofft, dass größere Gasmengen von der Iberischen Halbinsel mithelfen könnten, ausbleibende russische Lieferungen zu ersetzen. Die Spanier hatten sich zuletzt mit absurden Ankündigungen überschlagen, plötzlich sollte die MidCat-Pipeline schon zum Jahresende bis zur französischen Grenze fertiggestellt sein, um den Druck auf Frankreich zu erhöhen. Das einstige "prioritäre Projekt" der EU war 2019 von Spanien und Frankreich gestoppt worden.
Bisherige Pipelines nicht ausgelastet
MidCat ist nun Schnee von gestern. Offenbar hat sich auch etwas der gesunde Menschenverstand durchgesetzt. Schon die bisherigen Gas-Pipelines zwischen Frankreich und Spanien sind bei weitem nicht ausgelastet; zuletzt wurde über sie wieder verstärkt Gas über die Pyrenäen nach Frankreich geliefert. Auch deshalb hatte Macron erklärt: "Wir brauchen keine neuen Gasverbindungen."
Tatsächlich war auch der von Scholz avisierte Zeitraum für die Fertigstellung bis 2025 kaum realisierbar und klar ist, dass sich darüber die Gasmangellage in Deutschland kurzfristig nicht verbessern lässt.
Auch das Wasserstoff-Gespenst wurde für MidCat vertrieben. Denn gern wird für Erdgas-Infrastruktur ohne jede Grundlage damit argumentiert, dass über die MidCat-Pipeline in Zukunft auch Wasserstoff in Richtung Norden fließen könnte. Wie von Telepolis bereits aufgezeigt, sind Erdgas-Pipelines dafür aus verschiedenen Gründen ungeeignet sind. Der Wasserstoff greift den Stahl an und lässt ihn verspröden. Zudem stellt Wasserstoff aufgrund seiner geringen Masse und Größe hohe Anforderungen an die Dichtigkeit der Infrastruktur.
Sánchez kündigte nun nebulös an, dass man statt MidCat eine Wasserstoff-Pipeline unter dem Mittelmeer von Barcelona ins französische Marseille bauen wolle. Er sprach von einem "neuen grünen Energiekorridor". Auch diese Röhre wird letztlich aber auch eine teure Investition in fossile Infrastruktur sein, die über das Wasserstoff-Gespenst grün angestrichen wird.
Überschüssige Erneuerbare Energien – ein Wunschtraum?
So wird sogar zugegeben, dass darüber zunächst Erdgas und erst später "grüner Wasserstoff" transportiert werden solle. Ob das jemals eintritt, ist fraglich. Das hat auch damit zu tun, dass es den grünen Wasserstoff der mit überschüssigen Erneuerbaren Energien produziert werden soll, auch in Spanien nicht gibt. Zwar hatte Sánchez großspurig angekündigt, Spanien werde 2030 zehn Prozent des gesamten grünen Wasserstoffs der Europäischen Union produzieren.
Das glaubt er entweder selbst nicht, oder er kennt nicht einmal seinen eigenen Energieplan. Denn der sieht vor, dass 74 Prozent des Stroms in Spanien bis 2030 aus erneuerbaren Quellen stammen soll.
Woher sollen also die Überschüsse kommen, um auch noch so viel Wasserstoff für Europa zu produzieren? Erneut wird der angeblich grüne Wasserstoff also nur zur Verschleierung des Fakts benutzt, dass trotz Klimakatastrophe weiter auf fossile Energieträger gesetzt wird.
So ist es wahrlich kein Zufall, dass die Röhre genau dort im Hafen von Barcelona beginnen soll, wo die größte Regasifizierungsanlage Europas steht. Sie soll sie mit dem französischen Gasnetz in Marseille verbinden, um Flüssiggas, das über LNG-Tanker geliefert wird, nach Nordeuropa zu leiten.