Ningbo Jifeng übernimmt Autozulieferer Grammer
Bundesregierung will künftig schon bei Beteiligungen ab 15 Prozent intervenieren
Der chinesische Autoteilhersteller Ningbo Jifeng hat den bayerischen Autozulieferer Grammer übernommen. Dass die Übernahme dessen Vorstand, Aufsichtsrat und Management eher glücklich als traurig macht, liegt nicht nur an einer "Investorenvereinbarung mit weitreichenden Garantien für Arbeitsplätze, Standorte, Marke und Know-Kow", sondern auch daran, dass der chinesische Investor dem bosnischen Hastor-Clan (der vorher ebenfalls Interesse an eine Grammer-Übernahme signalisiert hatte) dessen 19 Prozent Anteile abkauft.
Cascade, die Investmentgesellschaft des Hastor-Clans, wird vom Manager-Magazin am Beispiel der Übernahme des Küchenherstellers Alno wie folgt beschrieben:
[Sie] kapert sie den Aufsichtsrat, tauscht den halben Vorstand aus und verabschiedet ein Sechstel der Belegschaft. Für Alno ist das Vorgehen neu und erschreckend, für die Hastors ganz normales Geschäft. Firmenpatriarch Nijaz Hastor (66), seine Frau Mirsada (57) und die Söhne Kenan (37) und Damir (35) haben sich in gerade einmal 24 Jahren ein Imperium erschaffen, das inzwischen drei Milliarden Euro umsetzt. 12.000 Menschen fertigen auf vier Kontinenten Autoteile, bauen Jachten, betreiben Banken und Versicherungen, produzieren Textilien, Schuhe und Möbel. Die Firmenpiraten sind härter als Heuschrecken und aggressiver als Aktivisten, ein Mittelständler, wie ihn die Republik sonst nicht kennt
(Manager-Magazin)
Von Ningbo Jifeng wollten die Hastors erst 85 Euro pro Grammer-Aktie, ließen sich aber dann doch auf deren Angebot von 60 Euro ein, nachdem die Chinesen nicht Handeln wollten. Auch mit diesen 60 Euro erzielten sie in knapp zwei Jahren Beteiligung einen Gewinn von geschätzten 70 Millionen Euro.
Komponenten auch in Elektroautos einsetzbar
Grammer hat seinen Hauptsitz im oberpfälzischen Amberg, wo er sich auf "die Entwicklung und Herstellung von Komponenten und Systemen für die Pkw-Innenausstattung" spezialisiert hat - auf gefederte Sitze, Kopfstützen, Armlehnen, Mittelkonsolen, aber auch auf Bediensysteme. Solche Komponenten lassen sich sowohl in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren nutzen, als auch in Elektroautos, auf die China mit seiner ab dem nächsten Jahr geltenden Zehn-Prozent-Quote zu setzen scheint, die ab 2020 um jährlich zwei Prozentpunkte steigt. Kommt es bei batteriebetriebenen Fahrzeugen zu einem "Kollaps" durch " nicht eliminierbare strukturelle Engpässe", wie ihn der ehemalige BMW-Chefvolkswirt Helmut Becker prophezeit, lässt sich das Grammer-Interieur aber auch für herkömmliche Verbrenner und E-Fuel-Fahrzeuge nutzen.
Weniger glücklich über chinesische Investoren als in Amberg scheint man in Berlin: Dort hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung in Umlauf gegeben, die vorsieht, dass er künftig nicht erst ab einer Beteiligung von 25, sondern bereits ab einer von 15 Prozent ein Verbotsrecht hat - aber nur "bei verteidigungsrelevanten Unternehmen, kritischen Infrastrukturen oder im Bereich bestimmter anderer ziviler sicherheitsrelevanter Technologien, etwa im Bereich der IT-Sicherheit".
Vom Schienenverkehr bis zum Softwarebereich
Als Beispiele dafür nennt man Kraftwerke, Stromnetze, die Wasserversorgung, den Luftverkehr, den Schienenverkehr [sic], die See- und Binnenschifffahrt, Krankenhausinformationssysteme, Telekommunikationsunternehmen, die Lebensmittelversorgung, den Zahlungsverkehr, Wertpapier- und Derivatgeschäfte sowie den Softwarebereich. Eine sehr umfassende Liste, die auch Bereiche enthält, bei denen man sich nur sehr schwer vorstellen kann, was eventuelle Investoren im Auftrag der chinesischen Regierung hier einerseits lernen oder andererseits verschlechtern könnten. Ähnlich scheint das auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zu sehen, der mitteilte, er lehne "ein Außenwirtschaftsrecht, das Investitionen mehr und mehr blockiert, ab".
Einen anderen als einen ausschließlich sicherheitspolitischen Hintergrund gibt es womöglich auch bei der Untersagung des Einstiegs der chinesischen Firma Yantai Taihai beim Ahlener Maschinenbauer Leifeld (vgl. Beteiligungsverbot aus "sicherheitspolitischen Gründen"). Mit ihm wird sich Christoph Jehle vielleicht näher befassen, wenn rechtliche Fragen geklärt sind. Er hat auch Zweifel daran, ob das das Verhindern einer Beteiligung des chinesischen Staatsunternehmens SGCC am Stromnetzbetreiber 50Hertz sinnvoll war (vgl. Sind chinesische Investitionen in die europäische Infrastruktur eine Gefahr?).
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