Nippelgelenk soll Grund für Abbruch der indischen Mondmission gewesen sein
Nächster Startversuch noch im Juli möglich
50 Jahre nach den Amerikanern wollen auch die Inder sanft auf dem Mond landen. Aber ihre Mission wurde am Montag 56 Minuten und 24 Sekunden vor dem geplanten Start auf dem Weltraumbahnhof Satish Dhawan in Sriharikota im Bundesstaat Andhra Pradesh wegen eines "technischen Problems mit der Trägerrakete GSLV Mk III" abgeblasen (vgl. Chandrayaan-2: Indiens Mond-Mission kurz vor Start abgebrochen).
Was dieses "technische Problem" konkret war, blieb zunächst offen. Nun schreibt die Times of India unter Berufung auf mehrere anonyme "Wissenschaftler", die mit der Sache betraut sein sollen, in einem 34-Liter-Tank sei der Druck gesunken. In diesem Tank befand sich Helium - ein Edelgas, mit dessen Druck die Zufuhr der eigentlichen Treibstoffe reguliert wird.
Nachdem sich Techniker der indischen Weltraumbehörde ISRO einen Tag lang mit diesem Effekt beschäftigten, kamen sie dem Bericht nach zum Ergebnis, dass die Ursache dafür ein Nippelgelenk am Kühlaggregat des Heliumtanks war. Für eine Reparatur dieses verhältnismäßig gut zugänglichen Gelenks ist weder ein komplettes leeren der Tanks noch ein Auseinanderbauen der Rakete nötig, weshalb der nächste Startversuch möglicherweise noch diesen Monat anberaumt wird. Dafür infrage kämen der 29. und der 30. Juli. Danach gibt es erst im September wieder günstige Termine.
Unterschiedliche Medienmeinungen zur Gefährlichkeit
Die ISRO-Techniker wollen aber vorher herausfinden, warum das Nippelgelenk nicht so funktionierte, wie es sollte - und ob sich das Problem wiederholen kann. Eine Vermutung ist, dass das Nippelgelenk besser isoliert werden muss, um wegen des nicht weit entfernten und auf minus 183 Grad Celsius gekühlten Sauerstofftanks nicht zu schrumpfen.
Den Informanten der Times of India nach war das Problem mit dem Nippelgelenk nicht so schwerwiegend, dass es die Mission gefährdet hätte. Die Hindustan Times fürchtet dagegen unter Berufung auf (wahrscheinlich) andere Zuträger, der Stopp des Starts habe Chandrayaan 2 davor bewahrt "potenziell zu explodieren".
Der "Tapfere" und die "Weisheit"
Gelingt ein Start, soll Chandrayaan 2 den 1471 Kiligramm schweren Lander Vikram (Sanskrit für "der Tapfere") und das 27 Kilogramm schwere Rover-Fahrzeug Pragyan (Sanskrit für "die Weisheit") auf den Mond schicken. Vikram soll zwischen den beiden Mondkratern Manzinus C und Simpelius N in der Nähe des Mond-Südpols landen. Dort werden gefrorene Wasservorkommen vermutet, aus denen sich Treibstoff für Weiterreisen ins Weltall gewinnen ließe. Pragyan Untersuchungen mit einem Infrarotspektrometer und einem Synthetic Aperture Radar durchführen.
Andere Instrumente, mit denen der nur 0,036 Stundenkilometer langsame solarzellenbetriebene Rover ausgestattet ist, sind ein Röntgenfluoreszenzspektrometer zur Untersuchung der Mondoberfläche, ein Massenspektrometer zur Analyse der Mondatmosphäre und eine Kamera zur Mondkartenherstellung und für die PR-Arbeit.
Chandrayaan-2 (23 Bilder)
Gelingt die weiche Mondlandung, wäre Indien nach den USA, Russland und China die vierte Nation, die es schaffte, sie durchzuführen. Harte Mondlandungen sind bereits mehr Ländern gelungen. Bei der israelische Mondsonde B'reshit die im April beim Versuch zerschellte, unversehrt im "Meer der Heiterkeit" aufzusetzen, war diese harte Landung ungeplant (vgl. "Wir haben den Mond erreicht - aber nicht in einem Stück". Beim Chandrayaan-2-Vorläufer, der 2008 Daten sammelte, stürzte die 35 Kilogramm schwere Moon Impact Probe (MIP) dagegen geplant ab (vgl. Erste indische Mondmission gestartet).
Das Platzieren von Orbitern in einer Mondumlaufbahn gelang außer den oben aufgeführten Akteuren bislang noch Japan (1990) und der EU (2003). Die Südkoreaner wollen im nächsten Jahr mit ihrem Projekt KARI folgen. Bemannte Landungen führten bislang nur die Amerikaner durch (vgl. Vor 50 Jahren: Apollo 11 startet zum Mond).
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