Njet zum Krieg – das sagen in Russland nicht nur klassische Oppositionelle

Viele Russen sorgen sich um den Weltfrieden. Präsident Putin droht nun auch in bisher "unverdächtigen" Kreisen ein Ansehensverlust. Symbolbild: Gerd Altmann auf Pixabay (Public Domain)

Russische Journalisten auch größerer Medien sowie Wissenschaftler und Lokalpolitiker haben sich öffentlich gegen die Angriffe des eigenen Militärs in der Ukraine ausgesprochen

Mehr als 70 russische Journalisten und ebenso viele Wissenschaftler haben sich in zwei öffentlichen Protestschreiben gegen den aktuellen Militäreinsatz des eigenen Landes in der Ukraine ausgesprochen. Interessant ist, dass sich im Fall der Presseleute die Teilnehmerliste, die im Sozialen Netzwerk Telegram veröffentlicht wurde, nicht nur auf liberale und allgemein regierungskritische Medienschaffende beschränkt.

Auch Autoren und Redakteure sehr renommierter Zeitungen und Agenturen zählen zum Unterstützerkreis, etwa von der Tageszeitung Kommersant oder dem Medienportal RBK. Sogar ein Vertreter des arabischen Dienstes von Staatssender RT ist darunter.

Der Text des Aufrufs ist sehr eindeutig:

Wir russischen Medienkorrespondenten und Experten für die russische Außenpolitik verurteilen die von der Russischen Föderation in der Ukraine eingeleitete Militäroperation. Krieg war nie und wird nie eine Methode zur Lösung von Konflikten sein und es gibt für ihn keine Rechtfertigung.


Aufruftext laut Telegram

Viele Vertreter der Russischen Akademie der Wissenschaften

Ein ähnlicher Aufruf wurde nahezu zeitgleich in Form eines offenen Briefes von einer ebenso großen Anzahl russischer Wissenschaftler verfasst. Dort heißt es:

Wir, russische Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten, erklären unseren ausdrücklichen Protest gegen die von den Streitkräften unseres Landes auf dem Territorium der Ukraine begonnenen Feindseligkeiten. Dieser fatale Schritt führt zu riesigen menschlichen Opfern und untergräbt die Grundlagen des Systems der internationalen Sicherheit.


Aufruftext laut TV science.ru

Auch die Teilnehmerliste des Forscheraufrufs liest sich wie ein "Who is who" der russischen Wissenschaftselite. Hier finden sich vor allem zahlreiche Vertreter der Russischen Akademie der Wissenschaften, Raumfahrtexperten, Universitätsdozenten und wissenschaftliche Mitarbeiter von Forschungseinrichtungen.

Ähnliche Warnungen von Regionalpolitikern und Experten

Beide Aktionen zeigen, wie groß die Anzahl der Kritiker der eigenen Regierung in Bezug auf die Militäroffensive im Bereich von Medienschaffenden und Naturwissenschaftlern ist. Auch in der russischen Regionalpolitik gibt es ähnliche Stimmen. Einen kritischen Appell ähnlichen Inhalts haben rund 100 Lokalpolitiker, meist Abgeordnete von örtlichen Stadträten und Gebietsparlamenten unterschrieben.

Bereits im Vorfeld der Offensive der russischen Truppen hatte es mehrere Warnungen bekannter außenpolitischer Experten Russlands gegeben, militärisch im Nachbarland einzugreifen – verbunden mit der Empfehlung, sich stattdessen mit dem Westen auf der Basis von Kompromissen zu verständigen.

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