Noch vor 30 Jahren wurden in den USA Menschen zwangssterilisiert
Bis zu 65.000 sollen Opfer dieser Maßnahme geworden sein
Wer an Zwangssterilisation denkt, dem fällt sofort das Nazi-Regime ein. Zwischen 1933 und 1945 wurden in Deutschland und Österreich etwa 300.000 bis 400.000 Menschen zwangssterilisiert und 30.000 Zwangs-Abtreibungen vorgenommen. Da die Eingriffe oft nachlässig durchgeführt wurden, sollen dabei 5.000 bis 6.000 Frauen und etwa 600 Männer ums Leben gekommen sein. Grundlage dieses Vorgehens war das am 1. Januar 1934 in Kraft getretene Erbgesundheitsgesetz, nach dessen Bestimmungen Menschen mit Erbkrankheiten wie Schizophrenie oder Epilepsie unfruchtbar gemacht werden sollten. Betroffen war aber bald fast jeder der von der Norm abweicht: Blinde oder Taube, Menschen mit körperlichen Missbildungen wie Klumpfuß oder Hasenscharte. Und auch so genannte Schwachsinnige galten als "erbunwürdig".
Dass diese unmenschliche Praxis auch in den USA jahrzehntelang angewendet wurde, ist eigentlich kaum vorstellbar. Dennoch sind nach einem Bericht von ABC News in den USA zwischen 1929 und 1974 rund 65.000 Menschen sterilisiert wurden. Und ein großer Teil davon, ohne dass die Betroffenen es wussten. Opfer dieser Zwangssterilisation waren meist Arme, denen die zuständigen Behörden schädliche Gene unterstellten. Durch den Eingriff sollte dann verhindert werden, dass sich diese als "unerwünscht" ("undesirable") eingestufte Bevölkerungsgruppe fortpflanzt.
Eine der Betroffenen ist Elaine Riddick aus North Caroline, einem Staat, in dem allein 8.000 Frauen sterilisiert wurden. Nach einer Vergewaltigung wurde die damals 13-jährige Elaine schwanger und geriet so in die Fänge so genannter Sozialarbeiter. Für sie war das Mädchen promiskuitiv und schwachsinnig, also ein Fall für die Sterilisation. Nach der Geburt ihres Sohnes im Jahre 1968 wurde Elaine Riddick dann auch sterilisiert, ohne dass man es ihr sagte. Erst als sie später heiratete und Kinder bekommen wollte, erfuhr sie die Wahrheit. Ihren Sohn zog die Frau alleine auf und, obwohl man ihr von Amts wegen Schwachsinn unterstellt hat, besitzt sie heute einen College-Abschluss.
North Carolina hat sich inzwischen als erster von 33 betroffenen US-Staaten bei den Zwangssterilisierten offiziell entschuldigt und prüft derzeit, ob den Opfern dieser Maßnahmen Schadenersatz gezahlt werden soll.