Nord Stream 2: Alternativroute soll dänisches Hinauszögern verhindern
Umweg angeblich schon eingepreist
Die Gaspipeline Nord Stream 2 soll die Kapazität für Erdgaslieferungen aus Russland ab Ende 2019 auf 55 Milliarden Kubikmetern jährlich erhöhen. Sie sind dem Nord-Stream-2-Berater Steffen Ebert nach nötig, weil der Ausstieg der Niederländer aus der Erdgasförderung und der Rückgang norwegischer Lieferungen eine europäische Versorgungslücke von bis zu 120 Milliarden Kubikmetern pro Jahr erwarten lässt.
Die ursprünglichen Pläne sahen vor, dass Nord Stream 2 parallel zur bereits existierenden ersten Nord-Stream-Pipeline von Russland aus über finnische, schwedische, dänische und deutsche Meereswirtschaftszonen läuft. Dem russischen Nachrichtenportal Sputniknews nach könnte sich diese Route nun geändert haben. Dabei beruft es sich auf Manfred Leitner, einem Vorstandsmitglied der am Projekt beteiligten österreichischen OMV. Ihm zufolge wurde ein Alternativverlaufsplan entwickelt, in dem die Pipeline die dänische Meererswirtschaftszone nicht berührt.
Dänischer Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen verzögerte
Anlass dafür war, dass Deutschland, Finnland und Schweden bereits Genehmigungen erteilten, während das dänische Parlament im Juni Gesetzinitiativen einbrachte, die den Bau der Pipeline blockieren oder verzögern könnten. Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen meinte dazu, man habe sich "noch nicht entschieden, wann die endgültige Entscheidung getroffen werden soll". Wegen der "geopolitischen, europäischen Implikation" des Projekts forderte er eine Prüfung "auf gesamteuropäischer Ebene", bei der auch "die Rolle der Ukraine als Brennstofftransitland" ein Thema sein sollte.
Der ukrainische Naftogaz-Manager Juri Witrenko meinte dazu in einem Interview der Deutschen Welle, "Dänemark allein" könne "das gesamte Projekt verlangsamen, wenn eine Genehmigung Kopenhagens ausbleibt". Andere "wichtige Faktoren", in die er nach eigenen Angaben Blockadehoffnungen setzt, sind amerikanische Sanktionen und ein Weichwerden der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die bereits jetzt der Meinung sei, "dass das Projekt nur realisiert werden kann, wenn der ukrainische Gastransit beibehalten wird".
Amerikanisches Flüssigerdgas
Neben der Ukraine und den USA haben sich auch die Regierungen von Lettland, Litauen und Polen als Gegner der Pipeline exponiert. Sie warnen einerseits vor einer Abhängigkeit Deutschlands von russischer Energie und würden eine neue Gaspipeline andererseits gerne durch ihre Territorien laufen lassen, wofür sie dann Transitgebühren kassieren könnten. Auf US-Seite argumentiert man zwar ebenfalls mit einer Abhängigkeit von Russland, möchte aber auch eigenes Flüssigerdgas verkaufen, das aufgrund der aufwendigen Förderung aus Schiefer und der langen Schiffstransporte mit Kompression und Kühlung bislang zu teuer ist, um in Europa abseits staatlich vorgeschriebener Abnahmezwänge Kunden zu finden (vgl. Flüssigerdgas: Erzwingen die USA den Abschied von der Marktwirtschaft?).
Um Zölle auf deutsche Autos zu vermeiden, versprach EU-Kommissar Jean-Claude Juncker dem US-Präsidenten Donald Trump im Juli trotzdem die vermehrte Abnahme von US-Flüssigerdgas (vgl. Juncker erkauft vorläufigen US-Verzicht auf Autozölle). Dazu soll im nächsten Jahr mit dem Bau eines neuen Flüssigerdgas-Terminals im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel begonnen werden. Allerdings sind bereits die bestehenden 26 europäischen Flüssigerdgas-Terminals mit nur 55 von 235 verfügbaren Milliarden Kubikmetern ausgelastet. Und selbst dieser Auslastungsgrad kommt nur dadurch zustande, dass beispielsweise in Litauen die Regierung den staatlichen Energieversorger anwies, einen Liefervertrag zu schließen und auch andere Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtete, diesem Mindestmengen abzunehmen.
Dem schleswig-holsteinischen FDP-Staatssekretär Thilo Rohlfs nach wird die Anlage in Brunsbüttel etwa 450 Millionen Euro kosten und "eine erhebliche Wirtschaftlichkeitslücke aufweisen". Deshalb muss wohl der Steuerzahler einspringen: Über den Infrastrukturfonds des Bundesverkehrsministeriums und den schleswig-holsteinischen Landesfonds "Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GRW). Der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck hatte bereits 2016 gefordert, dass Deutschland nicht mehr "auf russisches Erdgas setzt" und dabei nicht nur energiepolitische Motive, sondern auch den Einsatz russischer Truppen in Syrien, der unter anderem mit Einnahmen aus dem Gasverkauf finanziert werde, ins Feld geführt (vgl. Grüne schärfen ihr Profil als Verbotspartei).
In Lubmin wird bereits gebaut
Leitner zufolge würde Nord Stream 2 im Falle einer "Realisierung" der Alternativstrecke nicht teurer als die dafür angesetzten neuneinhalb Milliarden Euro, weil man "von Anfang an unvorhergesehene Umstände mitberechnet" hat. Für eine Anlandestation im vorpommerschen Lubmin wird unabhängig vom endgültigen Routenverlauf bereits an Betriebsgebäuden und an einem Tunnel gebaut, der dafür sorgen soll, dass die Pipeline für Touristen weitgehend unsichtbar bleibt.
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