Nord-Stream-Anschläge: Warum spricht kaum jemand über die Drohnenfunde?

Seite 2: Schweigen auch angesichts bestehender Erkenntnisse

Eine Erklärung für die Zurückhaltung von Ministerium und Bundesregierung könnte in neuen Erkenntnissen zu den Nord-Stream-Anschlägen liegen, die in der hiesigen Berichterstattung und in der politischen Debatte kaum Niederschlag finden.

So hieß es bereits im Oktober 2015, vorrangig in schwedischen und englischsprachigen Quellen, schwedische Behörden hätten an einer der Pipelines eine mit Sprengstoff beladene Unterwasserdrohne gefunden. Diese Nachricht spielte nach den Anschlägen sieben Jahre später faktisch keine Rolle mehr.

Es bleibt unklar, wer hinter den Explosionen steckt, aber die Hauptverdächtigen, von denen alle ein starkes Motiv für die Zerstörung der Pipelines haben, sind Russland, die USA, die Ukraine und Polen. Russland hat die USA verantwortlich erklärt und jegliche Beteiligung an der Sprengung seiner eigenen milliardenschweren Pipelines bestritten, obwohl die Pipelines technisch gesehen Deutschland gehören.

Dem damaligen Geschehen ungeachtet wurde nach den Explosionen argumentiert, eine so tief im Meer liegende Pipeline können nur aus Ländern mit U-Booten erfolgreich angegriffen werden könne. Doch der schom Jahre zurückliegende und dokumentierte Einsatz eines "Unbemannte Unterwasser-Vehikels" erweiterte den Kreis der Verdächtigen von Beginn an erheblich, doch das spielt in der Debatte im Nato-Raum kaum eine Rolle.

Das Gasleck, durch das Tonnen von Methan in die Atmosphäre gerieten, wurde als die schlimmste jemals bekannt gewordene Emissionskatastrophe bezeichnet. (…) Schweden hat gemeinsam mit Polen und Deutschland eine Untersuchung durchgeführt, wobei Russland trotz Anforderung teilzunehmen ausgeschlossen wurde. Schweden erklärte diese Woche, dass es die Ergebnisse der Untersuchung aus Gründen der ‚nationalen Sicherheit‘ als geheim eingestuft hat. Aus Sorge vor weiteren Explosionen verhängte Schweden sofort eine Fünf-Kilometer--Sperrzone für den Schiffsverkehr um das Leck.

Nastic kritisierte die Weigerung der Bundesregierung, mögliche Erkenntnisse wegen des Staatswohls mitzuteilen:

Unter Verweis auf mögliche Konflikte mit den Interessen verbündeter Staaten bzw. deren Geheimdiensten, … verweigert die Bundesregierung alle weiteren Informationen. Sie verweigert selbst die sonst übliche Information unter VS-Einstufung oder eine Hinterlegung bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages.

Sollte die Regierung davon ausgehen, dass ein Bekanntwerden ihrer Informationen zu einer Störung der wechselseitigen Vertrauensgrundlage mit Alliierten führen oder den Schutz deutscher Interessen im Ausland beeinträchtigen könnte, dann müsse das Parlament umso dringender einbezogen werden, so Nastic weiter. Es handele sich um einen schweren Angriff auf die Souveränität der Bundesrepublik.


Redaktioneller Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes wurde der Eindruck erweckt, der Drohnenfund habe in jüngerer Vergangenheit stattgefunden. Das war nicht richtig. Tatsächlich haben die schwedischen Behörden eine unbemannte bewaffnete Unterwasserdrohne Ende 2015 gefunden. An dem im Artikel beanstandeten Umstand, dass dies nicht hinreichend diskutiert wird, ändert das nichts. Der Artikel wurde an den entsprechenden Stellen überarbeitet und die Originalquellen wurden verlinkt. Wir bitten den Fehler, der durch die redaktionelle Überarbeitung noch einmal verstärkt worden war, zu entschuldigen.