Nordirak: Christen und Eziden unter Druck

Seite 2: Eziden im Shengal wollen autonome Provinz

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Seitdem gibt es viele Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Lagern der Eziden und der Kurden unter der Herrschaft von Barzani. Die einen fordern eine eigene Provinz nach dem Vorbild der nordsyrischen demokratischen Föderation, die anderen einen Anschluss an einen künftigen Kurdenstaat unter Barzani.

Die Kurden der nordirakischen Autonomieregion (KRG) wollen die Eziden an ihr Gebiet anschließen und um jeden Preis verhindern, dass sich dort demokratische Strukturen wie in Nordsyrien ausbreiten. Dazu werden auch die von Deutschland gelieferten Waffen gegen die Eziden eingesetzt, wie es im März dieses Jahres in Khanasor geschah.

Der neueste Vorstoß Barzanis, das Shengalgebiet zwischen irakischem Staat und der kurdischen Autonomieregion aufzuteilen, wurde von den Eziden zurückgewiesen. Sie befürchten dadurch eine Spaltung und weitere Marginalisierung.

Auch die Christen in der Ninive-Ebene fordern eine autonome Provinz

Wie die Eziden fordern auch Teile der Christen eine eigene Provinz. In der christlich dominierten Ninive-Ebene wurde der christliche Bürgermeister Faiz Abed Jahwareh aus Al-Qosh vom Provinzrat von Ninive abgesetzt und durch einen der kurdischen KDP nahestehenden Politiker ersetzt.

Die Bewohner der Stadt sprechen kein kurdisch, sondern aramäisch und gehören der chaldäischen, mit Rom unierten Kirche an. Die Stadt Al-Qosh wurde als einzige christliche Stadt der Ninive-Ebene nicht vom IS erobert und zerstört. Ganz in der Nähe von Al-Qosh befindet sich das Rabban Hormizd-Kloster aus dem 7. Jahrhundert n. Chr. Es ist eines der ältesten Klöster des Irak, welches nach wie vor besteht.

Nach dem Überfall des IS auf das Shengal-Gebiet und die Ninive-Ebene gründeten im Dezember 2014 die Mitglieder der Assyrischen Demokratischen Bewegung, einer der größten christlichen Parteien des Irak, eigene christliche Milizen, die die irakische Armee unterstützen. Sie befürchten, Barzani könnte durch die gezielte Ansiedlung von Kurden die Demographie des mehrheitlich christlich-aramäischen Gebietes beeinflussen.

Die Ninive-Ebene gehört zu den ältesten christlichen Siedlungsgebieten im Mittleren Osten. Überlebende assyrische Christen, die 1915 im Zusammenhang mit dem Genozid an den Armeniern im Osmanischen Reich damals ebenfalls verfolgt wurden, siedelten sich ebenfalls in dem Gebiet an. Die christlichen Aramäer fordern daher für ihr Siedlungsgebiet eine eigene Provinz Ninive. Es gibt aber auch einen Teil der christlichen Bevölkerung, der die Partei von Barzani unterstützt und in einem Kurdenstaat eine Alternative zu sunnitischen Arabern sieht.

Mitte Juni lud Masrour Barzani, der Sohn Massud Barzanis und seines Zeichens Chef der Sicherheitsdienste in der kurdischen Autonomieregion, eine Delegation von christlichen Kirchenvertretern nach Erbil ein. Mit von der Partie waren der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, Bashar Warda, und der syrisch-orthodoxe Metropolit von Mosul, Nikodemos Davood Sharaf.

Masrour Barzani warb für das auf 25. September 2017 angesetzte Referendum zur Unabhängigkeit der Kurdenregion und versprach den Kirchenvertretern weitgehende Autonomie in der Provinz Ninive. Wie dies konkret organisiert und umgesetzt werden soll, blieb allerdings im Unklaren - wie das gesamte Referendum noch nebulös ist. Bis heute gibt es nur das Datum und den Titel, über Inhalte und Zielsetzung wird noch gestritten. Gut möglich, dass diejenigen Minderheiten, die dem Referendum zustimmen wollen, mit ihrer Stimme die "Katze im Sack" einkaufen und ein böses Erwachen erleben werden.