Nordkorea: Gipfelvorbereitungen
Ein K-Pop-Konzert ohne Gangnam Style und ein Pekingbesuch ohne Bestätigung
Seit der nordkoreanischen "Charmeoffensive" bei den Olympischen Winterspielen in Seoul, bei denen unter anderem ein gesamtkoreanisches Eishockeyteam spielen durfte, gibt es Entspannungssignale im Koreakonflikt: Ende April soll es im Grenzort Panmunjeom ein persönliches Treffen zwischen dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un und dem südkoreanischen Staatspräsidenten Moon Jae In geben. Voraussichtlich im Monat darauf will Kim Jong Un dann den amerikanischen Präsidenten Donald Trump persönlich treffen.
Vorher sollen die Nordkoreaner Kontakt mit einem der Exportschlager Südkoreas bekommen: Mit K-Pop-Musikgruppen, die seit den 1990er Jahren in ganz Ostasien erfolgreich sind. Dazu plant man ein Konzert in Pjöngjang, bei dem unter anderem Red Velvet und Seohyun von Girls’ Generation auftreten sollen. Einem von Südkorea vorgeschlagenen Auftritt des mit seinem Hit Gangnam Style 2012 weltweit bekannt gewordenen Psy wollen die nordkoreanischen Behörden südkoreanischen Medienberichten nach angeblich nicht zustimmen. Nicht, weil der dickliche Sänger ein wenig dem nordkoreanischen Staatschef ähnelt, sondern weil seine Texte zu viele Kraftausdrücke enthalten.
Heimlicher Pekingbesuch?
Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es bislang allerdings ebenso wenig wie für das in amerikanischen und britischen Medien aufgekommene Gerücht, dass Kim Jong Un am Montag heimlich Peking besuchte, um sich persönlich mit Vertretern der chinesischen Staatsführung auszutauschen.
[Update: Inzwischen wurden dieser Besuch und Gespräche Kim Jong Uns mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping sowohl von China als auch von Nordkorea doch noch bestätigt.]
Anlass für die Spekulationen über einen Pekingbesuch Kim Jong Uns, zu denen sich das chinesische Außenministerium offiziell nicht äußert, waren ein mysteriöser grüner Zug und eine auffällig große Polizeipräsenz am Pekinger Bahnhof und am Regierungsgästehaus Diaoyutai. Peking und Pjöngjang liegen lediglich tausend Kilometer Bahnlinie voneinander entfernt, weshalb auch Kim Jong Uns Vater Kim Jong Il mit dem Zug dorthin reiste. Ein weiterer Grund für die Wahl dieses Verkehrsmittels könnte sein, dass dessen verhältnismäßig einfache und robuste Technologie fremden Geheimdiensten potenziell weniger Manipulationsmöglichkeiten bietet als ein Flugzeug (vgl. Nordkorea: Handelssanktionen oder Mikrowellenwaffen?).
Entfremdete Schutzmacht
Die Volksrepublik sorgte mit ihrem Militäreinsatz zwischen 1950 und 1953 dafür, dass es Nordkorea überhaupt gibt, entfremdete sich mit den Jahrzehnten aber zunehmend vom deutlich kleineren Nachbarn, der nicht von den marktwirtschaftlichen Öffnungen eines Deng Xiaoping wissen wollte und sich lieber eine eigene Ideologie schneiderte: Die Chuch'e, die den Marxismus als Weltanschauung ersetzte.
Statt einer klassenlosen Gesellschaft propagierte man mit ihr eine Art Ständestaat und "Freundschaft zwischen den Klassen". Die Nation wurde als klares Handlungszentrum der Politik definiert. Um die Autarkie, die in der Chuch'e-Ideologie ganz oben stand, zu wahren, steckte man erhebliche Ressourcen in die Verteidigung, wodurch in anderen Bereichen Forschung und Modernisierung zunehmend auf der Strecke blieben.
Der Ideologie entsprechend wurde die Entstehung von Fortschritt durch Arbeitsteilung (auf welche sich sowohl die kapitalistische als auch die sozialistische Welt berief) verworfen, weswegen man dem internationalen Warenaustausch weniger Wichtigkeit beimessen konnte. Seit 1989 fiel auch der früher wichtige Handel mit den RGW-Staaten zunehmend weg. Flutkatastrophen in den Jahren 1995 und 1996 sowie mehrere Dürrejahre seit 1997 zeigten die Schwächen dieses Modells auf und führten zu schweren Hungerkatastrophen ebenso wie zu massiven Produktionsausfällen durch Rohstoffmangel.
Droht Trump lediglich mit Bolton - oder lässt er ihn von der Leine?
Sollte Kim Jong Un tatsächlich heimlich nach Peking gereist sein, dürfte man dort wahrscheinlich weniger über K-Pop und Psy als über die anstehenden Treffen mit Moon Jae In und Trump gesprochen haben. Und wahrscheinlich auch über dessen neuen Sicherheitsberater John Bolton der dem Wall Street Journal im Februar verriet, dass er einen militärischen Erstschlag gegen Nordkorea für "völlig legitim" hält.
Was Trump mit der Ernennung des aus der ihm entgegengesetzten Ecke der republikanischen Partei stammenden Neocons bezweckt, ist unklar: Will er damit Nordkorea zu möglichst großen Zugeständnissen bewegen und gleichzeitig seine Position bei den Republikanern sichern? Oder will er Bolton tatsächlich von der Leine und es auf einen weiteren Krieg ankommen lassen?