Nordportugal: Liebe auf den zweiten Blick

Seite 2: Grandiose Landschaft

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Ein Muss ist eine Wanderung in den Douro-Naturpark, um die grandiose Landschaft zu erleben und an Aussichtspunkten bei Vale de Áigua, Aldea Nova oder Paradela unvergessliche Blicke auf die Douro-Schlucht zu erhaschen. Ihr Innenleben kann auch auf Flussfahrt erlebt werden. Lohnend ist stets bei Wanderungen der Dorfkneipen-Besuch, um einfache lokale Wein zu genießen, wie in der "Os Amigos" in Paradela.

Terrassen im Douro-Tal. Bild: Ralf Streck

In diesen Weilern scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, Esel sind immer wichtige Transportmittel und es bieten sich stets Gespräche mit den Einwohnern, wie dem früheren Schäfer Joao - der sich schnell als Kommunist outet. "Es ist besser geworden", erklärt er mit Blick auf die Linksregierung, die seit zweieinhalb Jahren regiert und von seiner Koalition CDU gestützt wird. "Sie könnten aber mehr machen und schneller vorgehen", meint er auch mit Blick darauf, dass eine weitere Erhöhung des Mindestlohns von den Sozialisten abgelehnt wurde.

Die Zeit ist stehen geblieben in Vale de Aguia. Der Autor im Gespräch mit einer Bewohnerin. Bild: Ralf Streck

In Paradela hütet Marta Sebastiao, die alle nur Martinha nennen, die Dorfkneipe Os Amigos. Und hier schließt man wirklich schnell Freundschaft. Die junge Frau, von einer sich schnell verschlimmernden Nervenkrankheit gezeichnet, lebt praktisch in der Bar. Auf Krücken gestützt ist sie die Chefin, wenn die überbeschäftigte Mutter sich um Weinbau, Garten, Schweine oder Hühner kümmert, ortstypische Salami aus Schwein oder Wildschwein herstellt oder Schnaps brennt. Sie war im Alter von 13 Jahren noch während der Diktatur für neun Jahre im Baskenland arbeiten und kehrte kurz nach der Nelkenrevolution mit ihrem Mann zurück, der noch heute nach Zamora zur Arbeit pendelt.

Trotz aller Leiden und Entbehrungen hat aber auch Martinha das Lachen und Lebensfreude nicht zu verlernt. "Wollen Sie probieren", fragt die Mutter, die sich zur Runde hinzugesellt hat. "Vorsicht", warnt Martinha, "der ist sehr stark". Umwerfend ist der Tresterschnaps mit etwa 60 Prozent, der hier überall gebrannt und ausgeschenkt wird. "Ich mache daraus auch Liköre", fügt die Mutter eine weitere Beschäftigung an. Sogleich tauchen Kaffee-, Orangen-, Schlehen- und Mirabellenlikör zum Probieren auf, gratis, wie der Trester. "Die sind unverkäuflich, wir trinken ihn bei unseren Festen hier". Martinha lädt sofort ein: "Schaut auf meine Facebook-Seite." Dort veröffentlicht sie alle Termine.

Terrassen im Douro-Tal. Bild: Ralf Streck

Es fällt schwer, sich loszureißen, aber die Region hat noch viel zu bieten. Entweder man fährt weiter ins schöne Bragança oder Vinhais, am Rand des Naturparks Montesinho, um dann weiter über Chaves und den Naturpark Peneda-Gerês am Miño-Fluss entlang ins traumhafte Caminha vorzustoßen. Zu empfehlen ist aber, der Mandelroute und dem Douro flussabwärts zu folgen, um gleich zwei sich überlappende Weltkulturerbestätten zu besuchen.

Das ist einerseits die unglaubliche Terrassenlandschaft des Weinbaugebiets "Alto Douro" - seit 2001 Unesco-Weltkulturerbe - mit seinen grandiosen Weinen, wo die Mandelblüte in den wärmeren Tälern schon früher beginnt, es aber auch deutlich weniger Bäume gibt. Hier laden Weingüter und Destillen ein, wo nicht nur die Trauben für den Portwein, sondern auch guter Brandy hergestellt werden. Seit der Altsteinzeit siedeln hier schon Menschen, die ihre Zeugnisse hinterlassen haben. Und schon lange vor Christus wurden hier Getränke aus Trauben hergestellt, weshalb der Alto Douro als eine Wiege des Weins ist. Der eigentliche Weinbau kam aber später mit den Römern.

Pinhao. Bild: Ralf Streck

Steinzeitliche Zeugnisse können im archäologischen Museum und noch eindrücklicher im Archäologiepark Vila Nova de Foz Côa bestaunt werden, wo sich zwei Weltkulturerbetätten überlappen. Neben dem Weinbau wartet Foz Côa auch mit archäologischen Funden auf und ist besonders für seine Felsritzungen bekannt, weshalb es schon seit 1998 Unesco-Weltkulturerbe ist. Fahrten mit einem Jeep ins Tal, wo die Felszeichnungen nicht gemalt, sondern in Stein gemeißelt wurden, organisiert das Museum in Vila Nova. Man sollte sich, wenn möglich, im Voraus per Internet anmelden, um einen Besuch zu garantieren.

Weiter am Douro entlang erreicht man Tua. Hier gehört eine Schifffahrt ins Programm. Entweder man nimmt den günstigen Zug bis Pinhão, mit möglichem Stopp zum Besuch von Peso da Régua und dem Douro-Museum und fährt dann weiter. Später erkundet man die Kleinstadt Pinhão, probiert gute Weine, Essen und Schnäpse, um dann die Rückfahrt per Schiff zurückzukehren. So erlebt man einen der schönsten Abschnitte des Douro-Tals gleich aus zwei Perspektiven.