Nutzt Indien britische Bomber für Atomwaffen?

Mit Israels Hilfe soll Indien die Bomber umrüsten, Parlamentarier fordern Aufklärung und strengere Richtlinien für Rüstungsexporte

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Großbritannien ist möglicherweise indirekt an der nuklearen Aufrüstung Indiens beteiligt. Das Land lieferte nach Indien Jaguar-Bomber, die dort mit israelischer Hilfe umgerüstet werden. Die Flugzeuge sollen nun in der Lage sein, Atomwaffen zu transportieren, und wären somit Teil einer indischen Nuklearstreitmacht.

Bekannt wurde die britische Verwicklung durch einige Antworten der Regierung in London auf Anfragen im Parlament und durch einen Artikel des Fachblatts "Jane's Defence Weekly" . Mitglieder des britischen Parlaments zeigten sich verärgert und fordern Aufklärung von der Regierung. "So lange Indien nicht den Nichtverbreitungsvertrag unterzeichnet, sollte Großbritannien nichts zu Indiens Nuklearprogramm beitragen", kritisierte Menzies Campbell, Abgeordneter der Liberal-Demokraten. Der Fall unterstreiche die Notwendigkeit, Rüstungsgeschäfte transparenter zu machen und Garantien über Gebrauch bzw. Verbleib der Waffen zu fordern.

Grund zur Aufregung sieht das britische Verteidigungsministerium bisher nicht: "Jedes Flugzeug, das in der Lage ist, Bomben zu transportieren, kann so umgerüstet werden, dass es auch Atombomben tragen kann", so die stellvertretende Verteidigungsminister Lewis Moonie. Bei einer Fragestunde im britischen Unterhaus am 10. April gab sie keine Auskunft über mögliche Garantien für den Endverbleib und -gebrauch der exportierten Flugzeuge durch Indien. Ebenfalls offen ließ sie, wie viele Flugzeuge exportiert wurden und wie viele direkt in Indien unter britischer Lizenz hergestellt wurden. Diese Dinge seien Gegenstand des Vertrages zwischen der Rüstungsfirma BAE Systems und der indischen Regierung.

Der Vorsitzende des Ausschusses für Entwicklung im britischen Unterhaus, der Konservative Tony Baldry, will jetzt von der Regierung wissen, ob sie die Aufrüstung der Jaguar-Flugzeuge gebilligt hat oder aber keinen Einfluss auf die Entscheidung hatte. Außerdem will er eine Erklärung, warum Rüstungsexporte nach Indien gefördert würden, während Pakistan mit einem Embargo belegt werde. Baldry forderte, die Richtlinien für Rüstungsexporte so zu verschärfen, dass Firmen "keine freien Zügel mehr haben, ethisch bedenkliche Geschäfte" zu machen.

Die britische Regierung bemüht sich momentan, 60 Hawk-Flugzeuge im Wert von 1,4 Milliarden Dollar an Indien zu verkaufen. "Was die indische Regierung für die Hawk-Flugzeuge ausgibt, entspricht dem, was die britische Regierung Indien in einem Jahrzehnt an bilateraler Hilfe zukommen lässt", kritisierte Baldry.

Indien und Israel haben in den letzten Jahren ihre Beziehungen intensiviert. Während Israel von den meisten arabischen Nachbarn immer noch nicht anerkannt wird, liegt Indien mit dem muslimischen Pakistan wegen der Provinz Kaschmir im Streit. Mit der Aufrüstung der Flugzeuge hat Israel die US-amerikanischen Bemühungen unterlaufen, den nuklearen Rüstungswettlauf in Südasien einzudämmen. Die USA hatten nach den letzten indischen Atomtests einseitig ein Technologie-Embargo gegen Indien verhängt.

Israel selbst verfügt über atomar bewaffnete Jagdbomber. Den Besitz von Atomwaffen hat Israel bisher weder bestätigt noch dementiert und spricht von einer "Politik der Ambiguität" (Zweideutigkeit). "Israel wird nicht als erstes Land Atomwaffen im Nahen Osten einführen. Wir können es uns aber auch nicht leisten, die zweiten zu sein", äußerte der israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin 1975. Nicht nur deshalb gehen Experten allgemein davon aus, dass das Land Nuklearmacht ist.