Öl spielt keine Rolle!
The WTC Conspiracy LV
Über dem Eingang zu seinem Landhaus hatte der berühmte Quantenphysiker Nils Bohr ein Hufeisen als Glücksbringer angebracht. "Glauben Sie etwa daran?", fragte ihn ein strenger wissenschaftlicher Besucher einmal verwundert. "Nein", antwortete Bohr, "aber es funktioniert auch, wenn man nicht daran glaubt."
So ähnlich antworte ich in letzter Zeit auch, wenn mich jemand fragt, ob ich denn wirklich an die große WTC-Conspiracy glaube - und die strengen "wissenschaftlichen" Fragesteller sind mit dieser Antwort so wenig zufrieden wie seinerzeit Bohrs Besucher. Dabei entsprach sie ziemlich genau dem erweiterten Weltverständnis der "Komplementarität", mit dem Bohr die paradoxen Untiefen wieder schiffbar machte, die sich mit den Entdeckungen Einsteins und Heisenbergs in der physikalischen Realitätsvorstellung aufgetan hatten. Licht erscheint als Teilchen oder als Welle - und welcher dieser "komplementären", sich gegenseitig ausschließenden Zustände sich manifestiert entscheidet der Beobachter.
"Das Gegenteil einer großen Wahrheit ist auch eine große Wahrheit", lautete eine der großen Wahrheiten Bohrs, mit der er das "Sowohl-Als-Auch" (anstelle des "Entweder-Oder") als Wahrheitsprinzip etablierte. Seitdem residiert der Beobachter in der Königsposition der Welterschaffung - und Einstein raufte sich die Haare darüber, dass ja dann bei Abwesenheit aller erkennenden Wesen ein einzige kleine Maus den großen Mond am Himmel erschaffen könnte. Das konnte er einfach nicht glauben. Doch es funktioniert auch, wenn man nicht daran glaubt.
Ähnlich verhält es sich mit dem großen Gespenst einer bushistischen Großverschwörung, das ich in dieser Serie - wegen der weitgehenden Abwesenheit erkennender, recherchierender Medien seit dem 11.9. - als Internetwühlmaus erschaffen habe. Ein Gebilde, das sich mit der allgemeinen politischen Realitätsvorstellung der westlichen Welt so wenig deckt wie die beobachtergeschaffene Quantenrealität mit der klassischen Physik - weshalb es viele Leser unglaublich, unvorstellbar, zum Haare raufen finden.
Das ist wie bei den aus den Wahrnehmungsexperimenten der Psychologie bekannten Vexierbildern (alte Frau/junge Frau), wenn der Perspektivwechsel nicht gelingen und das komplementäre Bild einfach nicht erscheinen will. Sieht der Beobachter dann doch plötzlich das andere Bild, wundert er sich, wie einseitig und blind seine Wahrnehmung vorher war. Ich habe bei meiner Betrachtung der Hintergründe des 11.9. von Anfang an eine anderen Beobachterposition eingenommen als die meisten Berichterstatter - und entsprechend anders ist das Bild geraten. Dass es sich dabei um die "Wahrheit" handelt, habe ich nie behauptet, was sich aber in der Rückschau auf über 13 Monate Großfahndung mit Fug und Recht feststellen lässt, ist die offensichtliche Unwahrheit der amtlichen Version.
Es gab einen Überraschungsangriff, es gab Schlampereien bei Behörden und Geheimdiensten und es gibt einen "war on terror" um islamistische Todfeinde der USA zu jagen. Aber es gab auch ein dezidiertes Vorauswissen über die Planung und Vorbereitung der Anschläge, es gab jahrelange enge Observationen von Mohammed Atta und seinem Flying Circus durch westliche Dienste und es gibt einen Krieg um Öl, der unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung der Durchsetzung geopolitischer Machtinteressen dient. In der gleichgeschalteten Presse in den Wochen nach den Anschlägen galten Nachrichten über diese komplementäre Seite der Ereignisse als skandalös. Mittlerweile berichten "Spiegel" und andere z.B. über den Kampf ums kaspische Öl und bringen vorsichtig die Nachrichten, die hier schon vor einem Jahr ventiliert wurden.
Dass gegen den 9-11-"Mastermind" Bin Ladin keinerlei gerichtstaugliche Beweise vorliegen, sieht mittlerweile wohl auch das FBI - auch auf dem aktuellen Fahndungsaufruf nach dem "Most Wanted Terrorist" werden die WTC-Anschläge jedenfalls noch immer nicht erwähnt. Was den Irak betrifft ist den meisten halbwegs bei Verstand gebliebenen Kommentatoren inzwischen aufgefallen, dass eine Verbindung zwischen der fundamentalistischen Al-Qaida und dem säkularen Saddam-Regime nur in Pentagon-Pressemeldungen, nicht aber in der Realität existiert - sehr wohl aber zur derzeitigen US-Regierung, deren Donald Rumsfeld 1983 mit dem netten Schurken Saddam grinsend auf dem Sofa saß, beste Grüße von Präsident Reagan ausrichtete und fragte, an welchen Zutaten aus dem Chemie- und Biowaffen-Baukasten denn Bedarf bestünde (Der Irak, die USA und die Massenvernichtungswaffen). Vizepräsdident Cheney's Halliburton http://www.newsmax.com/archives/articles/2001/6/24/80648.shtml lieferte bis Sommer 2000 für über 70 Millionen Dollar Ausrüstungsmaterial an das "Monster" Saddam (Bush-Cheney Inc.). Zwei kleine Beispiele, die deutlich machen, wie wenig es bei diesem Krieg um Menschenrechte, Demokratie und Terrorbekämpfung geht - und wie sehr um Öl und Macht.
Dass Schröder und Fischer im August aus der Kriegskoalition ausscherten, war keineswegs nur ein Wahlkampfmanöver, sondern ist vor allem der öltriefenden Agenda dieses Beutefeldzugs geschuldet, der für Deutschland mangels einer eigenen Ölförderindustrie ökonomisch uninteressant ist. Anders als für Tony Blair, der die Interessen von BP und der (teils britischen) Shell mit beinhartem Kriegskurs vertritt - und deshalb wohl auch als einziger Europäer unwiderlegbare "Beweise" gegen Bin Ladin gesehen hat. Um sich den Ölraub von der UN absegnen zu lassen braucht es freilich noch die Zustimmung der Franzosen und Russen, die mit "Elf-Fina" und "Lukoil" im Irak engagiert sind. Ende September kam es zum ersten historischen Gipfeltreffen der russischen und us-amerikanischen Ölindustrie in Houston, bei dem "die Chancen, die ein Post-Saddam Irak für die russische und amerikanische Ölindustrie bedeuten" diskutiert wurden.
Das Stück vom irakischen Ölkuchen, das die US-Vertreter den Russen anboten, war aber offenbar nur ein Häppchen, denn auch danach beharrte Russland im Sicherheitsrat auf seiner ablehnenden Position, ebenso wie Frankreich - wobei einer der führenden Falken des Bushlagers - Ex-Cia-Chef James Woolsey - ihnen in der International Herald Tribune ganz offen drohte:
"Es ist ganz einfach: Frankreich und Russland haben Ölfirmen und Interessen im Irak. Ihnen sollte gesagt werden, dass wenn sie dabei behilflich sind, den Irak zu einer vernünftigen Regierung zu bewegen, wir das Beste dafür tun werden, dass die neue Regierung und amerikanische Firmen eng mit ihnen zusammenarbeiten. Aber wenn sie auf Saddam setzen, wird es schwierig bis unmöglich, die neue irakische Regierung zu überzeugen, mit ihnen zu arbeiten."
Bei einem schnellen Kriegserfolg im Irak rechnen die Analysten in der Wallstreet damit, dass der Ölpreis von derzeit 30 $ pro Barrel auf 12-15 $ fällt, der Dow Jones Index, seit Monaten auf der strengsten Talfahrt seit 1929, erholte sich an dem Tag, als der Kongress Bush die Kriegsvollmacht erteilte, um über 500 Punkte - nur billiges Öl, so antizipiert die Börse, kann den drohenden Kollaps der US-Ökonomie noch retten. Aber nur nicht laut darüber reden...
Auf die Frage eines Journalisten nach dem bösen Drei-Buchstaben-Wort gab Bush-Sprecher Ari Fleischer auf der Pressekonferenz am 9. Oktober ein schönes Beispiel des bushistisch-orwellschen Double-speaks:
"Wie viel hat es mit Öl zu tun, dass Saddam Hussein als Bedrohung angesehen wird ? Der Präsident hat das nicht erwähnt"
Fleischer: "Ich bin nicht sicher, ob ich Ihrer Frage folgen kann ..."
"Die meisten Sicherheitsanalysten, die die Sache betrachten, sagen, dass Öl der zentrale Aspekt für die nationale Sicherheit ist ... Sagen Sie, dass Öl in keiner Weise eine Rolle spielt bei den Überlegungen des Präsidenten?"
Fleischer: "Ich denke, wenn Sie anschauen, wofür die Vereinten Nationen gestimmt haben, wofür der Kongress gestimmt hat, was Präsident Clinton unterzeichnet hat und was Präsident Bush unterstützt, dann spielt das keine Rolle..."
"Also Öl spielt keine Rolle?"
Fleischer: "Es spielt keine Rolle."
"Das heißt, die Stabilität von Ölpreisen ist kein Thema der nationalen Sicherheit oder der Ökonomie - wie können Sie sagen, dass Öl keine Rolle spielt? Ich verstehe das einfach nicht."
Fleischer: "Es geht um die Frage über den möglichen Gebrauch militärischer Gewalt. Und es geht darum, das Leben amerikanischer Menschen zu retten."
Zuerst die simple Frage nicht verstehen wollen, dann den großen Rahmen aufspannen, in dem der Präsident nur "unterstützt", was sowieso alle Welt für richtig hält, dann auf Nachfrage die explizite Lüge (ohne das böse Wort in den Mund zu nehmen) und auf das folgende Unverständnis abrupter Themenwechsel: Es gehe darum, Menschenleben zu retten. Um das pre-emptive Menschretten geht es natürlich auch in dem Cheney-Plan, den Irak nach seiner "Befreiung", von der Landkarte zu eliminieren und einem neuen Groß- Königreich Jordanien einzugliedern. Öl spielt keine Rolle! (Blut für Öl)
P.S.: Am Donnerstag, dem 24.10.02 (20 Uhr 05, Radio WDR 3 & WDR 5), diskutiert Mathias Bröckers mit dem Autor des Spiegel-Beitrags "Die September-Lüge" (42/02), Ulrich Fichtner, der die These aufgestellt hat: "Die "alternativen Aufklärer" - in Deutschland Bröckers, Bülow und Co., in Frankreich Meyssan und die Seinen, in Amerika die Rupperts und Chossudovskys -, im Fieber des Bestätigungswahns alter Weltbilder behindern sie die Wahrheitsfindung mehr, als dass sie sie beförderten. Sie vergeuden ihre Energie in den Maschen des World Wide Web, statt im konkreten Hier und Jetzt fehlende Fakten auszuforschen."