"Ohne Impfpass kein Zutritt? Ja, das geht rechtlich!"

Grafik: TP

Mit Impfmöglichkeiten rücken auch Rechtsfragen näher

Wenn Bürger ihre aktuell im Zuge der Corona-Maßnahmen eingeschränkten Rechte nach einer Impfung wieder wahrnehmen können, sind das trotz einer teilweise anderen Wortwahl in Politik und Medien juristisch gesehen keine "Sonderrechte". Sie können sich aber so anfühlen, wenn beispielsweise Wirte oder Hoteliers beim Betreten der Gaststätte oder des Veranstaltungsraums ein Impfzertifikat verlangen. Dem ETL-Rechtsanwaltsexperte Dr. Uwe P. Schlegel nach dürfen Wirte und Hoteliers das. In einer Sammlung von Antworten auf Impfrechtsfragen, die er für die ETL-Gruppe zusammengestellt hat, heißt es dazu klar und eindeutig: "Ohne Impfpass kein Zutritt? Ja, das geht rechtlich!"

Unterschied zwischen privaten Dienstleistern und der öffentlichen Hand

Auch bei der Auswahl dessen, was er als ausreichendes Impfzertifikat akzeptiert, hat ein Gastwirt oder Hotelier weitgehende Freiheit. So kann er beispielsweise ein Impfzertifikat aus einem Urlaub in den Emiraten oder in Indien (vgl. Corona: Umgekehrter Medizintourismus?) auch ablehnen, wenn es ihm nicht aussagekräftig genug erscheint, wie Schlegel im Gespräch mit Telepolis erklärt. Das liegt daran, dass sich private Dienstleister im Regelfall aussuchen können, mit wem sie Verträge schließen - und mit wem nicht. Einen Kontrahierungszwang gibt es im Wesentlichen nur im Bereich der Daseinsvorsorge, etwa bei der Wasserversorgung und der Müllabfuhr.

Anders sieht die Sache Schlegel zufolge aus, wenn die öffentliche Hand auf ein Impfzertifikat besteht. Sie kann eventuell eine zusätzliche Übersetzungen verlangen, aber ein ausländisches Impfzertifikat nicht ohne Weiteres für inakzeptabel erklären. Hier vergleicht der Rechtsanwaltsexperte das Dokument mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus dem Ausland, die ein Arbeitgeber grundsätzlich akzeptieren muss.

Indirekter Impfzwang im Arbeitsverhältnis

Eine Impfung gegen Sars-CoV-2-Viren darf ein Arbeitgeber bislang nicht direkt verlangen. Allerdings kann er - beispielsweise im Gesundheitsbereich - eventuell geltend machen, dass ein Arbeitnehmer ohne Impfung seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht erbringen kann, und deshalb nach § 297 BGB keinen Anspruch auf ein Gehalt hat. Ein Arbeitnehmer könnte gegen arbeitsrechtliche Konsequenzen ein Risiko schwerer Nebenwirkungen ins Feld führen. Bei der derzeitigen Datenlage zu den zugelassenen Impfstoffen dürfte er der ETL-Einschätzung nach damit aber keine Chance haben, einen Prozess zu gewinnen.

Lässt sich ein Arbeitnehmer impfen, muss er die Impfung grundsätzlich in seiner Freizeit vornehmen lassen. Das ist bei einer FSME- oder Tetanusimpfung, die eine private Arztpraxis vornimmt, sehr viel einfacher als bei einer Sars-CoV-2-Impfung, für die er - zumindest derzeit - auf einen zugeteilten Termin in einem Impfzentrum warten muss. Deshalb muss ihm der Arbeitgeber für diesen Termin frei geben - und zwar bezahlt, wenn er den § 616 BGB nicht im Arbeitsvertrag ausgeschlossen hat.

Impfreihenfolge und Nebenwirkungen

Wegen der Mängel bei der Impfstoffbestellung durch die EU-Kommission sind solche Termine für Arbeitnehmer außerhalb der Branchen Medizin und Pflege aber ohnehin selten. Personen mit Vorerkrankungen, oder solche, die sich für sehr systemrelevant halten, könnten deshalb auf die Idee kommen, sich so einen Termin einzuklagen. Schlegel hält die Erfolgsaussichten so einer Klage "für eher gering", auch wenn noch geklärt werden muss, ob es statt einer Verordnung nicht eines Gesetzes bedurft hätte, um die Impfreihenfolge zu regeln.

Treten doch schwere Nebenwirkungen auf, regeln die §§ 60 ff. des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) die Fragen zur Beweislast und zur Haftung. Bei Impfungen, die von Landesbehörden empfohlen wurden, sind dabei neben Schadensersatzansprüchen auch Renten und Versorgungsleistungen an Hinterbliebene möglich.

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