Ostukraine-Gefangenenaustausch: 88 gegen 53

Ukraine (hellblau), Russland (dunkelblau), Donezk (dunkelgrau) und Lugansk (rot). Karte: Akhristov. Lizenz: Public Domain.

Donezk fordert nach den Normandie-Gipfel-Beschlüssen den Austausch aller Gefangenen, Lugansk einen "direkten Dialog" mit Kiew

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Nach dem Bekanntwerden der Einigung der Normandie-Gruppe auf einen Austausch von Gefangenen der Konfliktparteien in der Ostukraine (vgl. Normandie-Gipfel einigt sich auf Truppenrückzug bis Ende März) hat Darja Morosowa (sic), die Menschenrechtsbeauftragte von Donezk, die grundsätzliche Bereitschaft ihrer Volksrepublik dazu bekundet. Dabei müsse Kiew allerdings mehr Gefangene freilassen als Donezk, weil dort mehr einsäßen, nämlich 88. Die Volksrepublik habe dagegen lediglich "53 bestätigte" Soldaten der Ukraine in Verwahrung.

Den vom ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj genannten 24. Dezember als Austauschtermin wiederholte Morosowa nicht und bezeichnete stattdessen allgemeiner einen Austausch bis zum Ende des Jahres als möglich. In der russisch-orthodoxen Kirche, die in der Ostukraine (anders als im lange polnisch-litauischen und katholisch geprägten Westen des Landes) vorherrscht, fällt das Weihnachtsfest nicht auf den 24. und 25. Dezember, sondern auf den 6. und 7. Januar.

Sonderstatus

In Lugansk, der anderen ostukrainischen Volksrepublik, betonte der dortige Führungsvertreter Rodion Miroschnik, dass ein "direkter Dialog" Kiews mit Lugansk nötig sei, um die Pariser Beschlüsse umzusetzen. Bisher sprechen die beiden Konfliktparteien nur über Vermittler miteinander, weil die ukrainische Staatsführung die Separatisten in Lugansk und Donezk nicht anerkennt.

Mit der Sichtweise, dass die Umsetzung der Pariser Beschlüsse einen direkten Dialog erfordert, ist sich Miroschnik mit dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin einig, der das Abschlussdokument ähnlich interpretiert. Er betonte gestern darüber hinaus auch das darin festgehaltene "Interesse aller Teilnehmer an einer Einigung über den Sonderstatus der Region". Der ukrainische Staatspräsident hob dagegen hervor, dass die Ukraine "ein Einheitsstaat" bleibe und dass er "niemals einer Föderalisierung zustimmen" werde.

Damit trotzdem Regionalwahlen in den beiden Volksrepubliken abgehalten werden können, sollen sie einen Sonderstatus erhalten, der vorerst nur am Wahltag gilt. Einen dauerhaften Sonderstatus soll es erst dann geben, wenn sich die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit dem Ablauf der Wahlen zufrieden zeigt.

Peskow: Problem der Verlängerung des Transitvertrags noch nicht gelöst

Im Gas-Transit-Streit, über den Montagnacht in Paris ebenfalls gesprochen wurde, hat man Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zufolge "die Positionen der Parteien verglichen" und vereinbart, dass die Führungen der [russischen und ukrainischen] Gasunternehmen [Gazprom und Naftogaz] und die zuständigen Minister ihre Kommunikation fortsetzen werden". Es könne jedoch, so Peskow, "noch nicht gesagt werden, dass es uns gelungen ist, das Problem der Verlängerung des Transitvertrags und die Klärung der Frage bezüglich der Ansprüche im Stockholmer Schiedsverfahren zu lösen" (vgl. Erdgasstreit: Schlichtung in Stockholm).

Selenskyj hatte sich hier vorher tendenziell optimistischer geäußert und gemeint, ihm scheine, "dass wir die Blockade in dieser Frage überwunden haben". Nun müssten sich untere Ebenen nur noch über Mengen und Details einig werden.

Putin warnt mit Srebrenica-Vergleich

Eher pessimistisch zeigte sich Selenskyj dagegen bezüglich des erneut vereinbarten Waffenstillstands. Er, so der 41-Jährige, wisse nämlich "ehrlich gesagt bisher nicht, wie die Situation kontrolliert werden kann". Im Hinblick auf Wladimir Putin, mit dem er vorher nur telefoniert hatte, betonte der ukrainische Staatspräsident eine seiner Wahrnehmung nach "andere natürliche Biomechanik": Es sei "schwer, mit ihm zu verhandeln", weil der Russe "jede Frage ins kleinste Detail" zerlege, weshalb dann "jedes Wort einzeln abgestimmt" werden müsse.

Putin mahnte nach dem Treffen gestern die Verabschiedung des Amnestiegesetzes durch Kiew an, auf das man sich bereits 2015 geeinigt hatte. In diesem Zusammenhang griff er zu einem für die russische Seite unerwarteten Vergleich und warnte vor einem "zweiten Srebrenica" (vgl. Nobelpreis für einen "Genozid-Leugner"), "wenn Kiew die Kontrolle über die Grenze übernimmt, ohne den Bewohnern Sicherheitsgarantien zu gewähren". Man habe, so Putin, nämlich "gesehen, wie Präsident Selenskyj eine Diskussion mit Nationalisten führt" und es sei "nicht klar, wer dort stärker ist".

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