Normandie-Gipfel einigt sich auf Truppenrückzug bis Ende März
Die Waffenruhe soll bereits bis 31. Dezember vollständig umgesetzt werden
Gestern Nacht haben sich der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj, sein russischer Amtskollege Wladimir Putin, der französische Staatschef Emmanuel Macron und die deutsche Regierungschefin Angela Merkel nach insgesamt achtstündigen Gesprächen im Pariser Élysée-Palast auf neue Pläne zur Zukunft der Ostukraine verständigt. Ihre gemeinsame Gipfelerklärung sieht unter anderem einen Rückzug von Truppen aus drei umkämpften Gebieten vor, der bis Ende März abgeschlossen sein soll. Eine Waffenruhe soll bereits bis 31. Dezember vollständig umgesetzt werden.
Bis 8. Januar will man dann mehrere neue Demarkationsübergänge in Betrieb nehmen, an denen Personen und Waren legal und kontrolliert vom Separatistengebiet in die Restukraine kommen können - und umgekehrt. Eine Maßnahme, die besonders der russische Staatspräsident als humanitären Fortschritt hervorhob.
Gefangenenaustausch und Gastransit
Selenskyj kündigte darüber hinaus einen weiteren Austausch von Gefangenen an. So einen Austausch hatte es im September gegeben, als Moskau und Kiew jeweils 35 Gefangene freiließen, die in den letzten Jahren im Rahmen der Streitigkeiten gemacht worden waren. Die Ukraine bekam dabei unter anderem Militärangehörige zurück, die Russland beim Kertsch-Zwischenfall festgenommen hatte (vgl. Ukraine will nach Zwischenfall an der Straße von Kertsch Kriegsrecht verhängen).
Der Direktor der ukrainischen Energiefirma Naftogaz, den Selenskyj auf die Reise mitgenommen hatte, hatte das Treffen noch am späten Abend als "konstruktiv" gelobt, was darauf hindeutet, dass man auch in der Frage eines Gastransits durch die Ukraine Fortschritte erzielte. Wladimir Putin hatte bereits am Sonntag verlautbart, die Fertigstellung der neuen Gaspipeline Nord Stream 2 bedeute "nicht, dass Russland die Absicht hegt, den Gastransit durch das Territorium der Ukraine zu unterbrechen".
Vorher hatte die ukrainische Außenministerin Elena Serkal öffentlich auf eine Verzögerung durch amerikanische Sanktionen gehofft, die die Position ihres Landes bei den Verhandlungen über einen neuen Druschba-Transitvertrag deutlich verbessern würde. Solche Sanktionen hat der US-Senat im November in den Entwurf des National Defense Authorization Act (NDAA) aufgenommen (vgl. "Kraft Sibiriens" liefert russisches Gas nach China).
Regionalwahltermin soll binnen vier Monaten gefunden werden
Noch nicht einig ist man sich dem französischen Staatspräsidenten zufolge bezüglich des Termins der im Minsker Friedensplan vorgesehenen Regionalwahlen in den Separatistengebieten. Er soll nun in vier Monaten gefunden werden - und spätestens auf einem neuen Normandie-Gipfel, der dann geplant ist.
Die vierte Gipfelteilnehmerin, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, äußerte sich weniger konkret und sprach von der "Überwindung" einer "Zeit des Stillstands", der Vereinbarung "realistischer Dinge" und davon, dass man "dann natürlich auf diesem Weg auch weitermachen" werde.
Putin: Berliner Tschetschene war an Anschlag auf die Moskauer U-Bahn beteiligt
Außerdem räumte sie ein, dass bei ihrem Vieraugengesprächs mit Wladimir Putin trotz ihrer vorherigen Beteuerung, es gehe in Paris "um die Ukraine", auch die jüngsten deutsch-russischen Spannungen im Zusammenhang mit dem Berliner Tschetschenenmord angesprochen wurden. Sie gehe nun "davon aus, dass die russische Seite uns ihre Informationen zur Verfügung stellt".
Putin meinte zu diesem Fall nach dem gestrigen Treffen, Russland werde auf die Ausweisung zweier russischer Botschaftsmitarbeiter durch den deutschen Außenminister Heiko Maas (vgl. Berliner Tschetschenenmord: Maas weist russische Diplomaten aus) zwei deutsche Diplomaten zu unerwünschten Personen erklären (vgl. Tschetschenenmord: Lawrow vergleicht Vorgehen Berlins mit dem im Fall MH17).
Außerdem wies er darauf hin, dass mit dem in Berlin ermordeten georgischen Tschetschenen ein "Krieger" getötet worden sei - "ein blutrünstiger und brutaler Mensch, der in Russland gesucht wurde" und durch eine Beteiligung an einem Anschlag auf die Moskauer U-Bahn für den Tod Dutzender Menschen mit verantwortlich sei. Obwohl die deutsche Bundesregierung diesen "Verbrecher und Mörder" trotz offizieller Anfragen nicht an die russischen Behörden überstellt habe, werde man den deutschen Ermittlern nun bei der Aufklärung des Falls helfen.
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