Ozempic: Beliebte Abnehmspritze könnte Risiko für seltene Augenerkrankung erhöhen
Schlankheitsmittel wie Ozempic und Wegovy boomen. Doch Studien zeigen: Sie bergen Risiken. Kann der darin enthaltene Wirkstoff Semaglutid das Augenlicht kosten?
Fettleibigkeit wird zur neuen Volkskrankheit. Viele Menschen setzen deshalb große Hoffnungen in Medikamente wie Ozempic und Wegovy, die beim Abnehmen helfen sollen. Doch sie lassen nicht nur die Pfunde purzeln, sondern können auch Nebenwirkungen haben.
In den vergangenen Monaten wurden die Schlankheitsmittel mit Selbstmordgedanken in Verbindung gebracht. Außerdem sollen sie die Fruchtbarkeit von Frauen steigern und zu ungewollten Schwangerschaften führen. Nun lässt eine neue Studie der Harvard Medical School aufhorchen, die im Fachmagazin JAMA Ophthalmology veröffentlicht wurde.
Demnach könnte der Wirkstoff Semaglutid, auf dem Ozempic und Wegovy basieren, das Risiko für eine seltene Augenkrankheit erhöhen: die nicht-arterielle anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION). NAION ist eine der Hauptursachen für den Verlust der Sehkraft.
Wie NAION das Sehvermögen beeinträchtigt
Etwa zehn von 10.000 Menschen sind im Normalfall von dieser Krankheit betroffen. Vereinfacht gesagt wird bei NAION der vordere Teil des Sehnervs, der die visuellen Informationen von der Netzhaut zum Gehirn weiterleitet, schlechter durchblutet. Im Laufe der Zeit kann dies zu Schwellungen und manchmal zu Schäden wie plötzlichem und bleibendem Sehverlust führen.
Die Studie zeigt, dass die Einnahme von Semaglutid mit einer Zunahme von NAION korrelliert. Sie basiert auf den Gesundheitsdaten von 16.827 Patienten, von denen 710 an Typ-2-Diabetes und 979 übergewichtig oder fettleibig waren. Die Forscher stellten fest, dass Patienten, die in den vergangenen sechs Jahren mit Semaglutid behandelt wurden, ein signifikant höheres Risiko für die Entwicklung einer NAION hatten als Patienten, die andere Medikamente einnahmen.
Deutlich höheres NAION-Risiko bei Semaglutid-Einnahme
Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, die Semaglutid einnahmen, entwickelten elf Prozent eine NAION, verglichen mit nur drei Prozent der Patienten, die andere Diabetesmedikamente einnahmen. Bei übergewichtigen oder fettleibigen Patienten waren es 7 Prozent unter Semaglutid gegenüber einem Prozent unter anderen Medikamenten zur Gewichtsreduktion.
Die Autoren der Studie betonen, dass ihre Ergebnisse als "signifikant, aber vorläufig" anzusehen sind und weitere Studien erforderlich sind, um einen kausalen Zusammenhang zu bestätigen.
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Wachsende Beliebtheit trotz möglicher Nebenwirkungen
Trotz dieser möglichen Nebenwirkungen wird Semaglutid immer beliebter. Laut der Studie stiegen die wöchentlichen Neuverschreibungen in den USA zwischen 2021 und 2023 um rund 60 Prozent. Rund 1,7 Prozent aller Patienten in den USA erhielten 2023 ein Rezept für Semaglutid.
Auch in Deutschland erfreuen sich Schlankheitsmittel wachsender Beliebtheit. Allerdings überwiegen hier noch die Bedenken, wie eine aktuelle Umfrage unter 2.500 Bundesbürgern zeigt. Sie wurde vom Marktforschungsinstitut Civey im Auftrag von Oviva, einer App-gestützten Ernährungsberatung, durchgeführt.
Demnach kann sich jeder sechste Bundesbürger vorstellen, zur Schlankheitsspritze zu greifen. Besonders hoch ist der Anteil unter den stark Übergewichtigen, von denen rund 43 Prozent einen Versuch in Erwägung ziehen. Mehr als 78 Prozent aller Befragten haben jedoch Bedenken wegen der Risiken und Nebenwirkungen und schließen eine Anwendung bisher aus.
Die Forscher gehen davon aus, dass die Zahl der NAION-Fälle in Zukunft zunehmen wird. Sie fordern daher weitere Studien mit noch mehr Menschen. Das Risiko sollte im Gespräch zwischen Patient und Arzt berücksichtigt werden, insbesondere bei Patienten, die bereits Probleme mit dem Sehnerv haben oder deren Sehvermögen schon eingeschränkt ist.