Pakistan: Trübe Aussichten im Land der Reinen

Seite 2: Natürliche Ressourcen

Zum fragwürdigen Umgang mit den menschlichen Ressourcen kommt jener mit den natürlichen. Pakistan wird in naher Zukunft eine dauerhafte und tiefgreifende Wasserkrise erleiden. Und das obwohl Wasser im Prinzip ausreichend vorhanden ist, aber leider auf vielfache Weise verschwendet wird.

Unerlässlich ist Wasser für die Landwirtschaft, die nach wie vor das Rückgrat von Wirtschaft und Gesellschaft bildet. Das Land besitzt mit die besten Böden der Erde, doch müssen diese bewässert werden. Nicht umsonst bildete sich auf dem heutigen Staatsgebiet Pakistans mit Moenjodaro um ein Bewässerungssystem eine der frühesten Zivilisationen der Menschheit.

Die Versorgung mit Wasser stößt demnächst an Grenzen, nicht die mit Boden. Wenn zumindest die Grundversorgung der Bevölkerung in Zukunft gewährleistet bleiben soll, muss sich auf diesem Gebiet Entscheidendes ändern.

Es gibt viel zu tun …

Die Herausforderungen an die nächsten zwei Generationen, an Regierung und Bevölkerung sind gigantisch. Es gibt kein anderes Land in Asien, das gleichzeitig einen solchen Berg an Problemen abtragen muss und zumindest momentan so wenig dazu in der Lage scheint. Eben weil sich Regierung und Bevölkerung permanent gegenseitig im Weg stehen und sich blockieren, kam es überhaupt zu diesem Engpass.

Die Gesellschaft müsste sich dringend modernisieren, aber sie verkapselt sich zunehmend in einer Version von Islam, der weder ihrer Geschichte entspricht oder zukunftsfähig ist. Um überhaupt noch einen Einfluss auf die Menschen zu haben, muss die Regierung ihre Legitimation - ihren islamischen Ruf - immer wieder neu bestätigen und bestärkt damit noch den Trend zur Verkapselung.

Der Wandel, der so dringend nötig wäre, ist nirgends in Sicht. Die aufgeklärte Mittelklasse, normalerweise der Bannerträger des Fortschritts, ist auf dem Rückzug. Wer heutzutage für moderne Ideen und Politik das Wort erhebt, spielt mit seinem Leben. In den letzten Jahren wurden Hunderte Journalisten, soziale Aktivisten und Reformer, Künstler und Aufklärer umgebracht.

Staatsversagen

Auch in Pakistan ist man bisher nicht weiter, als Sündenböcke zu suchen. Die USA und Indien führen die Liste an, aber auch "der" Westen, Hindus, Christen, Israel und gelegentlich Russland, Iran und die Shia werden beschuldigt. Wer auf eigene Fehler heutzutage nur hinweist, lebt gefährlich.

Wenn man jedoch betrachtet, was andere Länder Asiens im selben Zeitraum und oft unter weniger günstigen Umständen geschafft haben, dann kann den Mächtigen im "Land der Reinen" nur Staatsversagen bescheinigt werden. Und sowenig sich in der Bevölkerung positive Tendenzen zur Modernisierung zeigen, sowenig findet man diese im aktuellen politischen Personal.

Wenn Staatsgründer Jinnah etwas entgangen ist, dann die kurze Personaldecke seiner Muslim League. Die Partei, die Pakistan erkämpfte, war ein Einmannunternehmen. Nach Jinnah, der nur ein Jahr nach der Gründung verstarb, kam nicht mehr viel.

Doch "Was wäre wenn...?" Theorien ergeben keinen Sinn, das Land ist eine Tatsache seit 74 Jahren und für die Zukunft spielt es keine Rolle, auf welchen Ideen es basiert oder nicht. Es bleibt jedoch die große Frage, woher die politische Führung kommen soll, die es überhaupt einmal im Ernst versucht, die mannigfaltigen Probleme zu lösen.