Pentagon: Kleine Drohnen als "neue asymmetrische Bedrohung"

Illustration der Darpa, anspielend auf die Kämpfe im Mittleren Osten.

Die möglichen Gefährdungen, die von Drohnen ausgehen, werden immer deutlicher, die Darpa sucht nach neuen Konzepten für Abwehrsysteme

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Die von Drohnen ausgehenden Gefährdungen werden allmählich auch der breiten Öffentlichkeit klarer. Mit dem nicht mehr ganz so neuen Spielzeug, das man sich auch selbst zusammenbauen kann, ist auch eine kreative Suche entstanden, was man mit den Dingern alles machen könnte - bis hin zu terroristischen und kriminellen Anwendungen. So werden in Syrien, im Irak oder in der Ukraine von allen Seiten Drohnen verwendet, um gegnerische Stellungen auszukundschaften oder Propagandavideos herzustellen. Dabei ist der breite Einsatz auch von größeren und autonom fliegenden Drohnen noch gar nicht angebrochen - und bewaffnete Drohnen wurden bislang vermutlich noch nicht von nichtstaatlichen Akteuren eingesetzt, was nur eine Frage der Zeit ist.

Eine angeblich am Samstag von Ahrar al-Sham bei Homs abgeschossene russische Drohne.

Schon allein das Überfliegen von Gebäuden und Anlagen kann zu Besorgnis führen. Provokativ führte ein Schweizer gerade vor, dass man mit Drohnen etwa auch AKWs überfliegen und erkunden, aber möglicherweise auch einen Sprengstoffanschlag ausführen kann. Er stellte das Drohnenvideo des Überflugs über das AKW Leibstadt auf YouTube und löste in der Schweiz eine Debatte aus, Drohnen stärker zu regulieren und weitergehende Flugverbote einzuführen.

Verbote werden aber weder Leichtsinnige, noch Menschen, die Kriminelles vorhaben, davon abhalten, Drohnen über Verbotsgebiete fliegen zu lassen. Gerade einmal ist wieder von einem Beinahezusammenstoß zwischen einer zur Landung in München ansetzenden Passagiermaschine und einer Drohne in Höhe von 1700 Metern berichtet worden. Eine solche Annäherung an Flugzeuge ist verboten. Der Lenker der Drohne ist noch unbekannt, die Polizei ermittelt, ruft die Bevölkerung auf, Informationen über den Drohnenpiloten mitzuteilen, und teilt mit: "Der Straftatbestand des gefährlichen Eingriffes in den Luftverkehr ist mit empfindlichen Freiheitsstrafen sanktioniert."

Verbote müssten vermutlich mit Abwehrmaßnahmen einhergehen. Autos kann man leichter durch Schranken, Mauern oder Poller an der Durchfahrt hindern, bei Drohnen wird dies schon schwieriger, vor allem bei den kleinen Drohnen, die bereits millionenfach unterwegs sind. Es gibt neben den Möglichkeiten, Drohnen mit Gewehren, Laser oder auch einer Zwille abzuschießen oder mit einem Wasserstrahl vom Himmel zu holen, bereits einige Techniken, Drohnen zu erkennen und sie unschädlich zu machen. Man kann sie jammen, was aber auch wie bei einem Abschuss bedeuten kann, dass die herabstürzende Drohne Schäden verursacht oder gar Menschen verletzt. Zudem werden durch das Jammen auch andere Geräte auf demselben Frequenzband gestört, mit der der Störsender arbeitet. Man könnte sie über GPS-Spoofing ablenken. Japaner versuchen es mit Abwehrdrohnen, die Drohnen mit einem Netz fangen.

Offenbar sieht man im Pentagon aber noch großen Bedarf an wirksamen Abwehrtechniken für Drohnen, die zunehmend nicht nur von staatlichen Militärs eingesetzt werden, sondern auch von Aufständischen, Milizen und Terrorgruppen. Zudem werden auch immer Drohnen in Konflikten abgeschossen. Die Darpa, die Forschungsbehörde des Pentagon, sieht vor allem Probleme mit kleinen Drohnen, genannt sUAV, die bei einem "exponentiellen Wachstum des kommerziellen Drohnenmarkts" eine "neue asymmetrische Bedrohung" für das Militär darstellen. Die Verfügbarkeit und die geringen Kosten würden neue Einsatzmöglichkeiten mit sich bringen. So können Drohnen, die wegen ihrer geringen Größe schwierig auszumachen und zu treffen sind, in Schwärmen ein Ziel angreifen, also durch schiere Quantität Abwehrsysteme überwältigen.

Mit einer Ausschreibung sucht man "neue, flexible und mobile Abwehrsysteme" gegen kleine Drohnen und mit ihrer Verwendung einhergehenden Taktiken, die aber Kollateralschäden möglichst ausschließen sollen. Bei einer "Neutralisierung" stürzen nicht nur die Drohnen selbst womöglich unvorhersehbar ab, sondern auch ihre Ladung, also beispielsweise Sprengstoff, chemische oder biologische Waffen. Man will schnell neue Techniken, die so aufgebaut sein sollen, dass sie auch schnell auf die Evolution der Bedrohungen und Taktiken reagieren. Das Stichwort scheint vor allem "schnell" sein, in 3-4 Jahren sollen die neuen Abwehrsysteme einsatzbereit sein.

Vorgegeben wird, abgesehen von allgemeinen Beschreibungen wenig, was bedeutet, dass man nach neuen Ideen sucht und es keine Systeme gibt, auf denen man aufbauen könnte. Es geht um Konzepte für Lösungen, inklusive Sensoren und Effektoren, um kleine Drohnen auf verschiedenen Plattformen zu entdecken, zu identifizieren, zu verfolgen und zu neutralisieren. Mit berücksichtigt werden soll aber auch die Abwehr von Raketen, Artillerie, Granaten und anderen traditionellen Bedrohungen.