"Perser, Juden und Fliegen" - vor 30 Jahren endete der erste Golfkrieg

Seite 2: Die Konsequenzen

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2003, nach Abschluss des amerikanischen Eroberungsfeldzuges, als Rumsfeld, jetzt als Secretary of Defense, also als Verteidigungsminister, im Auftrag von George W. Bush, seine Soldaten am Tigris aufsuchte, war man bei CNN immerhin so mutig, die alten Aufnahmen von 1983 noch einmal auszustrahlen.

1983 konnte aber noch niemand ahnen, welch unglaublichen Kriegsverbrechen, ja welch Bruch des Völkerrechts, sich Saddam Hussein wenig später schuldig machen würde, mit Duldung seiner ausländischen Gönner. Die Rede ist von dem Einsatz von Giftgas, welcher eine ganze Generation iranischer Kindersoldaten zum Opfer fiel und den Iran traumatisierte.

Im Westen wie im Osten hüllte man sich in Schweigen, denn zu tief waren beide Seiten in die verbrecherischen Waffengeschäfte verstrickt. Als ich mich im Sommer vor zwei Jahren zu Recherchezwecken im Iran aufhielt, konnte ich mich davon überzeugen, dass der Krieg von 1980-88 sich tief im öffentlichen Bewusstsein eingegraben hat.

In Isfahan sagte mir ein junger Mann: "Weißt du, 80 Prozent der Iraner sind gegen ihre Regierung eingestellt. Wir hätten gerne eine Alternative. Doch was in unseren Nachbarstaaten passierte und passiert, in Afghanistan, im Irak, von wo die Leute zu uns flüchten, obwohl diese Länder angeblich befreit wurden vom Westen, das schreckt uns ab!", erzählte er nachdem er sich eine Zigarette angezündet hat. "Weshalb unterstützt ihr eure und unsere schlimmsten Feinde, die Saudis? Was habt ihr davon? Öl könnt ihr auch von uns bekommen, auch ohne Salafisten", ergänzte er lachend.

Genau heute, vor 30 Jahren, am 20. August 1988, trat ein von der UNO vermittelter Waffenstillstand in Kraft. Damit ging einer der längsten und blutigsten Kriege in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu Ende. Saddam Hussein hatte seine Schuldigkeit getan und die USA ihr Ziel erreicht, nämlich die beiden potentiell mächtigsten Staaten der Region zu schwächen.

Auf iranischer Seite willigte Khomeini angesichts der fürchterlichen Statistik von hunderttausenden Gefallenen in den Waffenstillstand mit seinem Todfeind Hussein ein, obwohl er nach eigenen Aussagen lieber einen Becher Gift geleert hätte.

Einige Tage zuvor waren Hunderte iranische Zivilisten durch den Abschuss einer Linienmaschine der Iran Air ums Leben gekommen, welches von einem US-Kriegsschiff verursacht wurde und wofür die Täter in Washington noch eine Auszeichnung erhielten.

Saddam Hussein blieb kriegerisch und ließ Zigtausende von Kurden im Norden seines Staates durch westliches Giftgas, teilweise aus bundesdeutscher Produktion, ermorden, bis er sich seinem Nachbarland Kuweit zuwandte. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Seitdem wird Krieg nach Krieg geführt, aber die Iraner haben den ersten Golfkrieg nicht vergessen.