Podemos sorgt in Spanien für eine kleine Revolution
Patt-Situation: Bislang können weder PP und Ciuadanos noch die PSOE und Podemos eine Mehrheit erreichen
Zwar wurde die ultrakonservative Volkspartei (PP) von Mariano Rajoy mit etwa 29 Prozent wieder stärkste Kraft, aber sie ist weit entfernt von einer absoluten Mehrheit, die sie vor vier Jahren mit knapp 45% erhielt. Die Korruptionspartei hat, nachdem die große Mehrzahl der Stimmen ausgezählt ist, 17 Prozentpunkte eingebüßt und 63 Sitze verloren.
Damit ist die PP der große Wahlverlierer, obwohl sich die Konservativen wieder einmal als Wahlsieger sehen und den Anspruch auf Regierungsbildung erheben. Mit jetzt 123 Sitzen kann die PP auch mit den 40 Abgeordneten der Ciuadanos keine Mehrheitsregierung bilden. Dazu wären 176 Sitze erforderlich.
Umfragen hatten prophezeit, dass die rechten Ciudadanos (Bürger) drittstärkste Kraft werden würden, mit gut 13% wurden sie aber nur viertstärkste Partei. Podemos erzielt hingegen mit 20,6 Prozent der Stimmen zwar fast einen gleichen Abteil wie die Sozialisten mit 22 Prozent, erhält aber nur 69 Sitze. In Madrid wurde Podemos die zweitstärkste Partei mit fast 21 Prozent hinter der PP, im Baskenland erzielten sie mit 26 Prozent das stärkste Ergebnis noch vor der PNV. In Katalonien wurde En Comú, der sich Podemos angeschlossen hatte, zur stärksten Kraft.
Möglich wäre eine große Koalition, die Rajoy den Sozialisten (PSOE) schon vorsorglich angesichts seines absehbaren Wahldebakels angeboten hatte, um weiterregieren zu können. Die Sozialisten wurden erneut zweitstärkste Kraft mit gut 22% und 90 Sitzen. Dabei ist das das historisch schlechteste Ergebnis und sie verloren gegenüber 2011 noch einmal gut fünf Punkte.
Die PSOE steht nun vor der Frage, ob sie eine "portugiesische Lösung" zulassen will, um den Wandel und ein Ende der Austeritätspolitik auch im großen Nachbarland zu ermöglichen. Damit könnte der PSOE-Spitzenkandidat Pedro Sánchez Ministerpräsident werden, was in der großen Koalition mit der PP unmöglich wäre. Gemeinsam haben PSOE und Podemos mit 159 Abgeordneten vier Sitze weniger wie PP und Ciudadanos, aber mit 10,7 Millionen Stimmen etwas mehr als die Rechten mit 10,6 Millionen. Aber die Rechte hat angesichts ihrer aggressiven Politik gegenüber Katalanen und Basken praktisch keine Chance, weitere Bündnispartner zu finden. Gleichwohl kündigte Rajoy an, eine "stabile" Regierung bilden zu wollen.
Es kommt einer kleinen Revolution gleich, dass die Empörten, die 2011 ungewollt zum Wahlsieg von Rajoy beitrugen, nun mit der linken Podemos (Wir können es) nicht nur ins Parlament einziehen, sondern knapp hinter der PSOE mit knapp 21% drittstärkste Kraft wurden. Sie haben viele Wähler an die Urnen mobilisiert, was sich an der hohen Wahlbeteiligung von 73% zeigt, vier Punkte mehr als vor vier Jahren. Die Empörten sind damit weiter auf dem Weg, die wenig glaubwürdigen Sozialdemokraten zu verdrängen. Das ungerechte Wahlgesetz verhindert aber, dass sich die Stimmenzahl von Podemos auch in entsprechend viele Parlamentarier niederschlägt. Sie erhalten nur gut Zweidrittel der PSOE-Sitze.
Es rächt sich dabei nun, dass Podemos sich einer gemeinsamen Kandidatur mit der Vereinten Linken (IU) verweigert hat (Linke als Gegner statt das "Regime"). Die IU, die mit kleineren Parteien als "Volkseinheit" (UA) antrat, kommt vermutlich mit etwa 3,7 Prozent nur noch auf zwei statt elf Parlamentarier, womit sie noch stärker unter dem ungerechten Wahlsystem leidet, das kleine Parteien extrem benachteiligt. Sie fliegen aber nicht aus dem Madrider Parlament, wie zuvor aus vielen Regionalparlamenten. Gemeinsam hätten Podemos und IU als linke Kraft die PSOE überflügeln können.