Polen und das Luxusproblem

Seite 2: Werden die Anhänger der PiS den neuen wirtschaftspragmatischen Wandel der Partei akzeptieren?

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Die Welt der Schönen und Reichen dominiert auch die Vorabendserien und das Kino, das Webportal der regierungskritischen und finanziell klammen Zeitung Gazeta Wyborcza setzt zunehmend für ihre Webportal zunehmend auf Stories aus der Luxuswelt, um sich über Wasser zu halten.

Die Welt des Erfolgs manifestiert sich auch in Stahlbeton: In den nächsten Jahren werden 13 Wolkenkratzer in Warschaus Zentrum emporsteigen, darunter der Gebäudekomplex "Varso", der mit seinen 310 Metern dann 2020 als das höchste Bauwerk der EU-Staaten gefeiert werden soll. Wird der Brexit tatsächlich umgesetzt, würden viele Unternehmen einen Umzug aus der Londoner City nach Warschau erwägen.

Als Symbol des Warschauer Luxus gilt der Wohnturm "Zloty 44" in der Stadtmitte Warschaus von Stararchitekt Daniel Libeskind, der nach Anlaufschwierigkeiten nun mit Neubewohnern wie Fußballstar Robert Lewandowski werben kann.

Die PiS macht jedoch einen Wandel durch - in diesem Jahr will man sich den Besserverdienenden in den großen Städten stärker zuwenden, die ihre Kredite zurückzahlen wollen und sich nicht um die Eingriffe in das Justizwesen scheren, immerhin sind 1,5 Million Polen überschuldet. Der bislang allmächtig wirkende Jaroslaw Kaczynski scheint Morawiecki weite Freiheiten zu gewähren.

Andererseits leben in Polen immer noch 14 Prozent der Bevölkerung in "relativer Armut", das heißt sie haben allein 50 Prozent oder weniger des Durchschnitts polnischer Haushalte zur Verfügung. Das Durchschnittseinkommen in Polen steigt zwar und liegt derzeit bei 4973 Zloty brutto (1194 Euro).

Die sozial Schwachen bekommen dank der PiS nun Kindergeld, doch werden sie sich irgendwann fragen, inwieweit sie Anteil an diesem Aufschwung haben und wann denn die Abrechnung mit der Elite vorankommt. Das Selbstverständnis der ärmeren Landbevölkerung, generell mit der katholischen Kirche verbunden, nutzt als Distinktion gegenüber den Statussymbolen der Wohlhabenden die Behauptung, dass sie die "wirklichen Polen" seien, die Besserverdienen jedoch wären auf unehrliche Weise zu Reichtum gekommen und werden im extremen Fall als "Landesverräter" tituliert. Diese Aufteilung "Wir da unten, die da oben" funktionierte seit der Wende, unterstützt durch das rechtskatholische Medienimperium "Radio Maryja".

Es ist die Frage, ob diese Anhänger der PiS den neuen wirtschaftspragmatischen Wandel der Partei akzeptieren. Morawiecki weiß wohl um die Gefahr, er versucht mit Wirtschaftspatriotismus der Marktwirtschaft in Polen ein "nationaleres Gesicht" zu geben. So forderte er jüngst Supermarktketten mit ausländischem Kapital zu einer "polnischen Woche". Ob auch Zeitschriften mit ausländischem Kapital wie etwa die Vogue zu mehr Patriotismus verdonnert werden, bleibt abzuwarten.