Politische Ausrichtung prägt den Blick auf die Corona-Krise
In den USA haben die Anhänger der Demokraten mehr Angst, die der Republikaner sehen hinter Covid-19 eher Absicht oder eine politische Instrumentalisierung
In den USA hängt die Einschätzung der Coronavirus-Epidemie stark von der politischen Gesinnung ab. Da die USA ein Zwei-Parteien-Staat sind, ist das Land in vielen Hinsichten zerrissen, was Präsident Donald Trump ins Amt gebracht hat und was er weiter nutzt, um Stimmung zu machen. Die Psychologie scheint in der Lagerbildung oft sehr einfach zu sein und dient der wechselseitigen Abgrenzung: Die Position der einen Partei ist stets anders als die der anderen, so widersinnig dies auch sein mag.
Nach einer Umfrage in den USA Anfang März am Beginn der Pandemie, als Donald Trump alles noch abwiegeln wollte, sagten 40 Prozent der Menschen, die den Demokraten zuneigen, die Pandemie stelle eine Gefahr dar, aber nur 20 Prozent der Republikaner. Entsprechend häufiger haben die Sympathisanten der Demokraten bereits persönliche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen (Einschätzung der Gefährlichkeit nach politischer Orientierung).
Im Verlauf der Covid-19-Pandemie in den USA schien diese auch vor allem dort am stärksten aufzutreten, wo die Demokraten ihre Hochburgen haben - in den großen Städten an der West- und Ostküste, die auch in vermehrtem Austausch mit dem Ausland stehen. Bundesstaaten, in denen die Demokraten regieren, sind weitaus zögerlicher, die Beschränkungen schon wieder zu lockern, als Bundesstaaten, die von Republikanern geführt werden und oft auch weniger Covid-19-Hotspots sind. Möglicherweise hat auch das etwas damit zu tun, dass nach einer Gallup-Umfrage vom 17.-19. April 69 Prozent der befragten Republikanerwähler sagten, die Situation in den USA verbessere sich, während dies nur 21 der Anhänger der Demokraten sagen. Bei den Unabhängigen sehen 39 Prozent eine Verbesserung und eben so viele eine Verschlechterung.
Republikaner halten die Pandemiegefahr eher für übertrieben
Eine Studie des Annenberg Public Policy Center an der University of Pennsylvania, die auf einer repräsentativen Befragung von über 1000 Amerikanern beruht, allerdings auch schon Anfang März durchgeführt, ergab, dass 23 Prozent der Amerikaner glauben, dass Covid-19 aus einem chinesischen Labor entstand. Damit folgen sie der Devise des Weißen Hauses und republikanischen Kreisen, die auch jetzt noch verfolgt wird, dass das "China-Virus" absichtlich in einem Labor in Wuhan gemacht worden sein könnte. Und 19 Prozent sagten zu Beginn der Epidemie, die Pandemie werde übertrieben, um Trump zu schaden. Die Pandemie wird also durch die Brille der politischen Spaltung des Landes gesehen und politisch instrumentalisiert.
Gefragt wurde nicht nur zur Haltung gegenüber der Pandemie, sondern auch zur Mediennutzung. Wer konservative Medien wie Fox News oder Rush Limbaugh nutzt, glaubt auch eher, dass Covid-19 in China als Biowaffe produziert wurde, oder dass die davon ausgehende Gefahr übertrieben wird, um Trumps Wiederwahl zu verhindern. Man glaubt auch eher an einfache Gegenmittel, etwa dass Vitamin C vor Covid-19 schützen kann (21 Prozent), was von der Wissenschaft unterstützt wird. Auch wer viel auf den Sozialen Netzwerken unterwegs ist, neigt eher zu diesen Überzeugungen und zu der Ansicht, dass Händewaschen und Soziale Distanzierung nicht viel bringt. 10 Prozent der Befragten glaubten allerdings auch, dass die US-Regierung das Virus geschaffen hat.
Die Studie wollte nicht nur untersuchen, welche Meinungen mit welcher Mediennutzung korrelieren, sondern ist auch getragen davon, Desinformation mit wahren Informationen zu konfrontieren. Vorgeschlagen werden daher auch Möglichkeiten, wie man in konservativen Medien die richtigen Informationen besser verbreiten kann. Oder Medien sollen die Paywall für Coronavirus-Nachrichten aussetzen, was auch vielfach gemacht wurde.
Dagegen hielten die Amerikaner, die vor allem die Mainstreammedien CBS, ABC oder NBC nutzten, Covid-19 für gefährlicher als eine Grippe. Nutzer von Mainstreamzeitungen wie der New York Times oder dem Wall Street Journal waren auch weniger anfällig für die Verdächtigungen wie der Vermutung, dass das Virus in chinesischen Labors geschaffen wurde.
Impflicht befürwortet eine Mehrheit in Deutschland, AfD-Wähler sind dagegen
In Deutschland gibt es diese Unterschiede nicht in der Weise, auch wenn die Kritik an den Notstandsmaßnahmen anwächst - aus den wissenschaftlichen Kreisen, aber auch von rechts und links. Nach dem DeutschlandTrend von Anfang April stimmten 93 Prozent der Befragten den Kontaktbeschränkungen zu, gerade einmal 6 Prozent lehnten sie ab, eine Woche zuvor waren es nur 3 Prozent. Das ist eine extrem hohe Konformität, bei der sich fragen lässt, ob sie aufgrund von Autoritätshörigkeit oder eigenem Einsehen zustandekommt.
Unzufrieden mit dem "Krisenmanagement" der Regierung sind vornehmlich die AfD-Anhänger. Auch bei den Kontakteinschränkungen sind mit geringen 17 Prozent die AfD-Anhänger am kritischsten, bei den Sympathisanten der Linken (8 Prozent) und der FDP (6 Prozent) findet sich marginaler Widerstand.
Die Sorge, dass Freiheitsrechte längerfristig eingeschränkt werden, ist auch bei AfD-Anhängern am stärksten, die andererseits gerne autoritären Strukturen anhängen. Das deutet auf einen ähnlichen Konflikt wie in den USA hin, wo der Präsident sich so gibt, als wäre er als aufrechter Außenseiter im Widerstand zur Politik der herrschenden Elite und der Mainstreammedien. In einem System mit mehr Parteien und weniger ideologisch extrem positionierten Medien, ist allerdings offenbar auch in Krisen durch eine äußere Bedrohung die Einstellung konformer. Man glaubt den Regierenden und den Wissenschaftlern, die deren Position unterstützen. Nur eine Minderheit, hauptsächlich vertreten durch AfD-Anhänger, ist skeptischer.
Das zeigt sich auch in einer aktuellen Umfrage über eine Covid-19-Impfpflicht. Während über 75 Prozent der Unions- und SPD-Anhänger und auch 68,5 Prozent der Grünen-Anhänger die Einführung einer solchen Impfplicht befürworten, sind bei der AfD 64,2 Prozent dagegen.