Politskandal in Ecuador: Lässt die Bundesregierung einen Nachkommen jüdischer Flüchtlinge im Stich?
Seite 2: Abgeordneter Hunko: "Klare Haltung der Bundesregierung wäre wichtig"
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Herr Hunko, Sie haben vor vier Jahren den ehemaligen ecuadorianischen Vizepräsidenten Jorge Glas im Gefängnis besucht. Was war Ihr Eindruck?
Andrej Hunko: Ja, ich habe Jorge Glas 2020 im Gefängnis südlich von Quito getroffen. Mein Eindruck war, dass es sich um einen Fall von "Lawfare" handelte, was in Lateinamerika häufiger vorkommt: Ehemalige, meist linke Regierungen werden mit Prozessen überzogen, um sie politisch kaltzustellen. So war es auch bei Lula in Brasilien. In seinem Fall wurden die Vorwürfe widerlegt.
Herr Glas ist deutscher Staatsbürger. Was hat die deutsche Botschaft in der ecuadorianischen Hauptstadt unternommen?
Andrej Hunko: Aus der Familie von Jorge Glas weiß ich, dass nach dem Sturm auf die mexikanische Botschaft und der Entführung von Jorge Glas mehrfach um konsularische Betreuung gebeten wurde. Das Auswärtige Amt hält sich jedoch sehr bedeckt.
Während fast alle lateinamerikanischen Regierungen und auch der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, heftig gegen die Verletzung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen protestiert haben, schweigt die Bundesregierung.
Man muss bedenken, dass Jorge Glas einen deutschen Pass hat, weil er einer deutschen jüdischen Familie entstammt, die vor den Nazis nach Südamerika geflohen war. Hier gibt es auch eine historische Verantwortung.
Der ehemalige ecuadorianische Präsident Rafael Correa hat darauf hingewiesen, dass nicht einmal die rechtsextremen Militärdiktaturen in Lateinamerika Botschaften angegriffen haben. Inwiefern ist die Erstürmung der Botschaft Ausdruck des Niedergangs internationaler Normen? Sie erfolgte nur kurze Zeit, nachdem ein Konsulatsgebäude des Irans in Damaskus von einer Rakete zerstört wurde.
Andrej Hunko: Das ist in der Tat eine erschreckende Erosion internationaler Grundregeln. Die Welt droht in einen Wild-West-Zustand abzugleiten. Auch deshalb wäre eine klare Positionierung der Bundesregierung so wichtig.