Politskandal in Ecuador: Lässt die Bundesregierung einen Nachkommen jüdischer Flüchtlinge im Stich?
- Politskandal in Ecuador: Lässt die Bundesregierung einen Nachkommen jüdischer Flüchtlinge im Stich?
- Abgeordneter Hunko: "Klare Haltung der Bundesregierung wäre wichtig"
- Auf einer Seite lesen
Der inhaftierte Ex-Vizepräsident Jorge Glas hat einen deutschen Pass. Aber setzt sich die Botschaft hinreichend für ihn ein? Ein Kenner des Falls bezweifelt das.
Die Bundesregierung sucht nach eigenen Angaben diplomatischen Kontakt zu dem in Ecuador inhaftierten ehemaligen Vizepräsidenten Jorge Glas. Wie das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, besitzt der 54-Jährige auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Im Fokus deutscher Außenpolitik
"Wir verfolgen den Fall von Herrn Glas sehr eng und bemühen uns gegenüber den ecuadorianischen Behörden um einen direkten Kontakt", teilte das Auswärtige Amt auf Anfrage mit. Es gehöre zu den Aufgaben der deutschen Auslandsvertretungen weltweit, inhaftierten deutschen Staatsangehörigen beizustehen.
Nach Informationen von Telepolis kümmern sich die Mitarbeiter der deutschen Botschaft jedoch nur indirekt um die Behandlung des Inhaftierten, seine Sicherheit und die medizinische Versorgung. Einen direkten Kontakt zu Herrn Glas habe es bisher aber nicht gegeben, heißt es aus Außenamtskreisen. Warum, bleibt unklar.
Gesundheitszustand von Glas stabil
Die ecuadorianische Strafvollzugsbehörde hatte am Montag mitgeteilt, dass Glas wegen gesundheitlicher Probleme in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei. Zur Begründung hieß es, er habe die Nahrungsaufnahme verweigert. Am Dienstag wurde er ins Gefängnis zurückgebracht, sein Gesundheitszustand wird als stabil bezeichnet. Doch Beobachter des Falls mögen das nicht glauben.
Der ehemalige Präsident des südamerikanischen Landes, Rafael Correa, teilte am Mittwoch über den Kurznachrichtendienst X mit, Glas habe einen Suizidversuch unternommen. Die Anwältin des Politikers, Sonia Vera, bestätigte dies. Weder die deutsche Botschaft in Quito, noch das Außenamt in Berlin haben bisher darauf reagiert.
Protest mit Hungerstreik
Glas befindet sich nun erneut im Hungerstreik, um gegen seine Situation zu protestieren. Das teilte seine Anwältin am Mittwoch mit. In einem zugleich veröffentlichten Video berichtet der Ex-Vizepräsident von seiner Festnahme in der vergangenen Woche.
"Ich wurde geschlagen, ein Polizist begann, mir meine Rechte vorzulesen, aber ich wurde ohnmächtig", sagte Glas, der ein einfaches, blaues T-Shirt trug: "Er sagte, ich solle aufstehen, und ich versuchte auch aufzustehen, aber ich konnte nicht, weil sie mich so geschlagen hatten."
Hintergrund der Inhaftierung
Glas war 2017 wegen Korruption zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt und vor zwei Jahren vorzeitig entlassen worden. Im Dezember floh er aus Angst vor einer erneuten Festnahme in die mexikanische Botschaft in Quito und beantragte dort Asyl. Beobachter bezeichnen den Prozess als politisch motiviert.
Am vergangenen Freitag drangen ecuadorianische Sicherheitskräfte in die Botschaft ein und nahmen Glas fest. Der Vorfall löste einen diplomatischen Eklat aus: Diplomatische Einrichtungen gelten als unantastbares Hoheitsgebiet des jeweiligen Staates. In Konsequenz brach Mexiko daher die diplomatischen Beziehungen zu Ecuador ab. Nicaragua tat es den Mexikanern gleich.
Proteste kamen aus Argentinien, Bolivien, Kolumbien, Panama, Costa Rica, der Dominikanischen Republik, Peru, Guatemala, Honduras, Kuba, Chile, Venezuela, Brasilien und Nicaragua – von Rechten und Linken.
Scharfe Kritik am Vorgehen Ecuadors
Sowohl in diesen Ländern der Region als auch in Europa wurde das Vorgehen der Regierung in Quito scharf kritisiert. Nach den Regeln des Völkerrechts haben die Sicherheitsbehörden des Gastlandes keine Befugnisse in den diplomatischen Vertretungen anderer Länder, bekräftigte man dort.
Im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen heißt es: "Die Räumlichkeiten der Mission sind unverletzlich. Die Vertreter des Empfangsstaats dürfen sie nur mit Zustimmung des Leiters der Mission betreten."
Deutscher Abgeordneter hat Glas getroffen
Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (BSW) hat sich intensiv mit dem Fall von Jorge Glas beschäftigt. 2020 besuchte er den Politiker im Gefängnis nahe Quito. Glas saß damals bereits wegen Korruptionsvorwürfen in Haft.
Hunko sieht sowohl das Vorgehen der ecuadorianischen Behörden als auch das Verhalten der deutschen Botschaft in Ecuador kritisch. Telepolis stellte ihm drei Fragen dazu: