Pop-Protest gegen Kriegstreiberei

Die USA wollen den Irak mit Bomben bewerfen und in Amerika singen alle mit. Nun formiert sich in der britischen Pop-Intelligenzija der Widerstand

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Es gibt Menschen, die warten seit Monaten auf ein Zeichen, auf ein kleines bisschen Protest. Nach der dualen New Yorker Hochhaus-Demontage vor nunmehr fast einem Jahr, war Patriotismus in den Staaten Pflicht - so sehr, wie vielleicht nie zuvor.

Shoot the dog

Auch Musiker wie Willie Nelson und Neil Young hängten sich Ami-Flaggen um die alten Leiber und hechelten mit verklärten Blicken ihre Hymnen. Young hat auf seinem jüngsten Album zudem etliche Fans mit dem unsäglich verknöcherten Patrio-Pamphlet “Let's Roll" auf Lebenszeit gekränkt. Bruce Springsteen besingt derweil auf seinem neuen Werk The Rising die Ermordeten und Hinterbliebenen, ballt dabei freilich aber auch vaterlandsliebend die Faust - und saust in fast jedem Land auf Platz eins der Charts. Ganz weit vorn in Sachen Plakativität sind jedoch die amerikanischen Poser-Rocker von Bon Jovi, deren neues Album am 23. September erscheint und Bounce heißt. Der Titel, so erklärt die Band, sei in erster Linie eine Referenz an die USA und ihr bouncing back nach dem 11. September 2001. Rettung kommt aus Britannien.

Dort bildet sich derzeit eine Widerstandsbewegung gegen die Kriegspläne von Bush & Co. Als Erste schlossen sich die Trip Hop-Könige von Massive Attack der Stop The War-Kampagne an, die von der britischen Bewegung zur nuklearen Abrüstung (Campaign for Nuclear Disarmament) angeführt wird. Kurz darauf meldeten auch die Brit-Popper von Blur und die Melancholiker der Band Elbow ihre Unterstützung. “Der Druck muss auf Prime Minister Tony Blair ausgeübt werden", sagte Elbow-Sänger Guy Garvey zur Nachrichtenagentur Reuters. “Die Leute müssen realisieren, dass Unschuldige in ihren Namen sterben." Und Blair müsse wissen, so Garvey weiter, dass er nicht wiedergewählt werden würde, sollte er an seiner kriegstreiberischen Linie fest halten. Blur-Sänger und Gorillaz-Boss Damon Albarn sagte dem britischen New Musical Express:

Darüber muss eine öffentliche Debatte geführt werden. Wir brauchen eine öffentliche Diskussion über Recht und Unrecht eines Kriegseinsatzes.

Doch die Jungs von Massive Attack, Blur und Elbow sind nicht die ersten, die das Verhalten der USA nach dem 11. September kritisieren. Vor wenigen Wochen veröffentlichte zum Beispiel Popstar George Michael seine neue Single “Shoot The Dog". Im Comic-Video zum Stück ist George W. Bush ein Cowboy und Tony Blair sein treuer Köter, der sich dämlich hechelnd vom peitschenschwingenden US-Präsidenten traktieren lässt. Der Clip soll Blairs politische Unterwürfigkeit ironisieren, sorgte in den Staaten aber erst mal für einen handfesten Skandal. George Michael gab klein bei und entschuldigte sich wortreich in einer Talkshow beim amerikanischen Volk, dass er nicht in seinen Gefühlen verletzen wollte. Ebenfalls latent skandalös waren die britischen Tanzderwische von Primal Scream unterwegs, die auf Konzerten im vergangenen August vier mal einen Song spielten, der die Zeile bomb the pentagon in sich trug, der aber - entgegen zahlreicher Falschmeldungen - nicht so hieß. Wie Sänger Bobby Gillespie jüngst im Interview mit dem britischen Musikmagazin Mojo bekannt gab, wurde besagte Textzeile mittlerweile aus dem bisher unveröffentlichten Lied entfernt,

denn wir hassen Militarismus und wurden durch die Zeile langsam als pro-militaristische Band angesehen.

Trotz allem gelten Primal Scream schon seit Jahren als harte Kritiker der US-amerikanischen Außenpolitik. Bleibt abzuwarten, wer sich der Stop The War-Kampagne anschließt, ob sie ein kleines mediales Strohfeuer ist oder bald Wirkung zeigt.