Poroschenko in der Zange

Seite 3: Ermittlungen gegen den Leiter der Präsidialverwaltung

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Was hat es mit den angeblichen Ermittlungen auf sich? Lokschin ist steinreicher Medien-Unternehmer. Im Juni 2014, also vier Monate nach dem Staatsstreich in Kiew, übernahm er die Leitung der Präsidialverwaltung. Dass er nun zum Staatsbeamten wurde, begründete er damals mit "Patriotismus".

Doch nun stellt sich wohlmöglich heraus, dass es außer Patriotismus noch andere Beweggründe gab. Eine Ermittlungsabteilung des österreichischen Innenministeriums sei auf "verdächtige Überweisungen von Millionensummen" gestoßen, schrieb der BBP-Abgeordnete Leschenko in seinem Blog. Wegen Geldwäsche ermittelt werde auch gegen zwei weitere Ukrainer, deren Namen Leschenko aber nicht nennt. Weiter schreibt der Abgeordnete, der ukrainische Generalstaatsanwalt Wiktor Schokin sei vor einigen Wochen von der österreichischen Staatsanwaltschaft um Amtshilfe gebeten worden, habe diese Anfrage jedoch "geheim gehalten".

Angeblich ist Lokschin in die Geldwäsche die "Ukrainischen Medien-Holding" verwickelt. Der jetzige Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung verkaufte die Firma 2013 an den Unternehmer Sergej Kurtschenko. Bei dem Verkauf seien Beträge von einer Offshore-Firma über das Konto einer österreichischen Bank auf das Konto einer anderen Offshore-Firma überwiesen worden. Mit den neuen Informationen konfrontiert, erklärte Lokschin, dass er weder von ukrainischen noch von österreichischen Rechtsschutzorganen kontaktiert wurde.

Scheitert die groß angekündigte Reform der Ukraine?

Es ist kaum vorstellbar, dass die Informationen und Enthüllungen, die zum Teil aus der engeren Umgebung des Präsidenten selbst stammen, ohne Billigung aus Washington veröffentlicht wurden. Möglicherweise wünscht die amerikanische Regierung, welche zu den engsten Unterstützern der Macht in Kiew gehört, dass der Kampf gegen korrupte Machenschaften in der ukrainischen Regierung verschärft wird, da sonst die Glaubwürdigkeit der Regierung auf dem Spiel steht und neue Unruhen von Seiten der Ultranationalisten drohen.

Diese setzen zunehmend auf Gewalt. Ende August starben drei Polizisten, die das Parlamentsgebäude in Kiew bewachten, wo über eine Verfassungsänderung zur Dezentralisierung der Ukraine abgestimmt wurde. Ein Rechtsradikaler schleuderte eine Handgranate direkt in die Reihen der Nationalgardisten ("Maidan-Helden" wittern Verrat).

Orysia Lutsevych, Mitarbeiterin des Londoner Think Tanks "Chatham House", formulierte Befürchtungen, die wohl von vielen Unterstützern der ukrainischen Regierung im Westen geteilt werden. Eine Umfrage des International Republican Institute habe ergeben - so die Analytikerin - , dass 72 Prozent der Ukrainer der Meinung sind, dass sich ihr Land in die falsche Richtung entwickelt. Reformgegner könnten die "hohe Unzufriedenheit" für "weitere Destabilisierungen" nutzen. Die Warnungen des Westens an die ukrainische Führung und die Zivilgesellschaft blieben bisher "ungehört".