Premierminister-Casting: Hardcore-Brexitesse McVey ausgeschieden

In Ascot und Wimbledon reicht man den Zuschauern Erdbeeren mit Sahne. Für die Zuschauer beim Rennen um den Premierministerposten gibt es diese Delikatesse hier virtuell, weil das appetitlicher aussieht als Fotos von Pferden oder ausgeschiedenen Politikern. Foto: Pixabay

May auf die Frage, für wen sie als Nachfolger stimmte: "Das geht Sie nichts an!"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In England macht die erste Fußballiga gerade eine Pause, die noch bis 9. August dauert. Auf Ergebnisse gewettet wird in dieser Zeit trotzdem - zum Beispiel mit dem Ascot-Pferderennen, das nächste Woche stattfindet, mit dem Wimbledon-Tennisturnier, das am 1. Juli beginnt, oder mit dem Rennen um den Vorsitz der Tories, das in mehreren Runden ausgetragen wird.

Die erste davon fand Anfang der Woche statt und führte zum Ausscheiden eines der elf Bewerber: Der ghanaischstämmige ehemalige Hochschulstaatssekretär Samuel Gyimah konnte nämlich die bis dahin geforderten acht Unterstützer unter den 313 Tory-Abgeordneten im Unterhaus nicht nachweisen.

Endergebnis soll in der Woche ab dem 22. Juli bekannt gegeben werden

Heute Mittag schieden weitere drei Bewerber aus: Ex-Einwanderungsminister Mark Harper, die zurückgetretene Parlamentsministerin Andrea Leadsom und die ehemalige Arbeitsministerin Esther McVey (die für einen Ausstieg zu WTO-Konditionen warb, sich aber bessere Vorschläge aus Brüssel "anhören" wollte). Sie bekamen jeweils weniger als 17 Abgeordnetenstimmen in einer Abstimmung, die geheim war. Am besten schnitten Boris Johnson mit 114, Außenminister Jeremy Hunt mit 43 und der ehemalige Umweltminister Michael Gove mit 37 Stimmen ab. Auf die Reporterfrage, für wen sie selbst als Nachfolger stimmte, antwortete Noch-Premierministerin Theresa May: "Das geht Sie nichts an!"

Die nächste Abstimmung der Parlamentsabgeordneten, in denen das Bewerberfeld eingedampft wird, folgt Anfang nächste Woche - dann sind 33 Stimmen nötig, um nicht auszuscheiden. An dieser Hürde könnten der ehemalige Brexit-Minister Dominic Raab, Ex-Gesundheitsminister Matthew Hancock, Entwicklungshilfeminister Rory Stewart und Innenminister Sajid Javid scheitern. Oder auch nicht, wenn sie genug Anhänger der heute ausgeschiedenen Kandidaten davon überzeugen, dann für sie zu votieren.

Danach folgen am 19. und 20. Juni zwei weitere Runden, in denen das Feld auf zwei Bewerber eingedampft wird, die man der etwa 160.000 Mitglieder umfassenden Basis zur Briefwahlabstimmung vorlegt. Sie entscheidet, wer von den beiden der neue Parteichef (und damit auch der neue britische Premierminister) wird. Das Ergebnis soll in der Woche ab dem 22. Juli bekannt gegeben werden - drei Wochen vor Beginn der neuen Premier-League-Saison (vgl. Fünf-Stufen-Plan für May-Nachfolge und Rummel um Boris Johnsons junge Veganerfreundin).

ComRes-Umfrage gibt nur Johnson und Raab eine Chance, den Tories eine neue Unterhausmehrheit zu holen

Springen Bewerber freiwillig ab, kann es sein, dass der neue Premierminister schon vorher feststeht. Das war vor drei Jahren der Fall, als sich Theresa Mays Basiswahl-Gegenkandidatin Andrea Leadsom vorzeitig zurückzog. Dazu, dass sich Kandidaten auch 2019 für so einen Schritt entscheiden, könnte eine neue Umfrage beitragen, die ComRes für den Daily Telegraph durchführte.

Ihr zufolge hat Boris Johnson (der sich für einen schnellen Brexit ausspricht, um die "toxische Polarisierung" der britischen Gesellschaft zu beenden) das Potenzial, als neuer Tory-Chef so viele zur Brexit Party abgesprungene Wähler zurückzuholen, dass der Stimmenanteil der Konservativen von 23 auf 37 Prozent steigt. Mit diesem Stimmenanteil lägen die Tories dann 15 Punkte vor der Labour Party, der möglicherweise nicht gut tut, dass sich vom Ziel der sozialen Mobilität verabschiedet. Ihr eher unscharfer Kurs in der Ausstiegsfrage führte zudem dazu, dass sich viele Brexiteers unter ihren Wählern der Brexit Party und viele Remainer den Liberaldemokraten zuwandten.

Den Berechnungen von Electoral Calculus nach sind Boris Johnson und Dominic Raab die einzigen Kandidaten, denen es gelingen würde, den Tories bei einer Unterhauswahl eine Mehrheit zu verschaffen. Mit Johnson könnte sie sogar bis zu 140 Sitze mehr umfassen, als die Opposition bekommt. Eine so bequeme Mehrheit hatten die Tories nicht mehr, seit Margaret Thatcher 1983 ihren doppelten Falkland-Sieg einfuhr.

Der ehemalige Londoner Bürgermeister und ehemalige Außenminister gilt darüber hinaus auch in den Wettbüros als eindeutiger Favorit im Rennen um den Premierministerposten. Seine Quote liegt bei 5/7. An zweiter Stelle folgt mit gehörigem Abstand und einer Quote von 5/1 Jeremy Hunt. Michael Goves Quote liegt nach seinem Kokain-Eingeständnis nur noch bei 18/1. Noch weniger Chancen werden dem "Hardcore-Deal-Remainer" Rory Stewart eingeräumt, der zugab, Opium geraucht zu haben, und dessen Quote nun bei 33/1 liegt. Dominic Raab und Sajid Javid sind mit einer Quote von jeweils 37/1 allerdings noch größere Außenseiter. Auf dem letzten Platz liegt Matthew Hancock mit einer Quote von 129/1.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.