Proteste im Iran: Warum es um mehr als um das Kopftuch geht
Seite 2: Keine Nachricht ist im Iran auch eine Nachricht
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Doch die Zustimmung und Unterstützung hat das nicht nur nicht gebrochen, sondern sogar verstärkt: Schauspieler, Sportler, Moderatoren und weitere Prominente haben sich hinter die Demonstrierenden gestellt; beim Freundschaftsspiel gegen den Senegal lief die iranische Mannschaft mit schwarzen Jacken auf, die das Nationalsymbol verdeckten und damit Anlass für Mutmaßungen gab: Wollte die Mannschaft damit ihre Solidarität zum Ausdruck bringen?
Keiner der Spieler hat bis heute irgendetwas gesagt oder getan, dass diese Vermutung widerlegt. Aus gutem Grund: Auch Prominenz schützt in diesen Tagen nicht vor Festnahme. Und im Iran ist auch keine Nachricht eine Nachricht.
Tatsache ist, dass es bei den Protesten längst nicht mehr allein um die Rechte der Frauen geht, denn es sind nicht nur Frauen, die gegängelt werden. Der Staat versucht, in jeden Lebensbereich einzudringen, ihn nach den eigenen Vorstellungen zu regeln.
Betroffen sind davon alle, die sich ein anderes Leben wünschen, als jene Vorstellungen, wie sie im konservativen Teil der Bevölkerung vorherrschen. Ausrasierte Seiten, also ein sogenannter Boxerschnitt, oder gezupfte Augenbrauen können bei Fußballspielern zur Vorladung beim Fußballverband und zu Spielverboten führen.
Er fühle sich wie ein Kind, dessen Eltern das Kinderzimmer so eingerichtet haben, wie ihres früher war, sagte ein Fußballspieler im vergangenen Jahr.
Die "Eltern", das sind in diesem Fall Kleriker, die nur in ihren eigenen Kreisen verkehren, und gleichzeitig Politiker, Justiz, Wächter und Ausführende in einem sein sollen. Die Gedankenwelt dieser Männer lebt in konservativen religiösen Seminaren, wo sie an die Nachkommenden, oft die Söhne der alternden Kleriker, weitergegeben wird und sich dabei nie erneuert.
Die "Eltern" sind aber auch jener sehr konservative Anteil der Bevölkerung auf dem Land, die das Konzept der Islamischen Revolution weiterhin unterstützt.
Wo der Graben in der Gesellschaft verläuft, konnte man während der Präsidentschaftswahl im vergangenen Sommer sehen. Die Kandidaten waren vom Wächterrat, der jeden Kandidaten für ein öffentliches Amt überprüft, streng ausgesiebt worden; übrig blieben nur konservative und sehr konservative Kandidaten, mit Ebrahim Raeisi als aussichtsreichster Bewerber.
In sozialen Netzwerken war deshalb zum Wahlboykott aufgerufen worden, und viele machten mit. Diejenigen, die zur Wahl gingen, mussten schon sehr überzeugt von Raeisi sein, denn der amtierende Chef der Justiz hatte in den Achtzigerjahren als Richter mehrere tausend Todesurteile gegen Regimegegner verhängt und wurde deshalb im Westen mit persönlichen Sanktionen belegt. 48,48 Prozent der Wähler gingen damals zur Wahl; 72,35 Prozent davon stimmten für Raeisi.
Doch das wirklich miserable Wahlergebnis, der darin manifestierte Mangel an Zustimmung hält Raeisi nicht davon ab, zuallererst mit größtmöglichem Nachdruck alles zu tun, um seine Vorstellungen allen im Lande aufzudrücken.
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