Protestparteien von Parteirebellen: Wagenknecht, Maaßen – und bald Kubicki?
Zwei bis drei neue Parteien könnten demnächst bei Wahlen in Deutschland antreten. Wofür sie stehen und wie konkret die Pläne bisher sind.
Die Ex-Fraktionschefin der Partei Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht hat diese Woche mit Verbündeten ihre neue Partei aus der Taufe gehoben. Bis zur Bundestagswahl soll sie "Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit" heißen.
Nach Meinung der Namensgeberin hat sich ihre Ex-Partei zu oft mit Fragen der Identitätspolitik befasst, will "grüner als die Grünen" sein und vernachlässigt die Existenzängste breiter Teile der Bevölkerung, ihre eigene Strömung beschreibt sie als "linkskonservativ".
Eine Politik der offenen Grenzen lehnt sie ab, das Verbot der Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035 ebenfalls. In Umfragen wurde ihrem Parteiprojekt bereits ein zweistelliges Stimmenpotenzial bescheinigt, bevor es offiziell existierte. Eine Kritik aus den Reihen der Linken lautet, die prominente Abgeordnete und Bestseller-Autorin sei lieber in Talkshows zu Gast als im Bundestag.
Für die Europawahl hat das BSW bereits den Ex-Linken-Politiker und Finanzexperten Fabio De Masi und den früheren SPD-Politiker und Düsseldorfer Ex-OB Thomas Geisel als Spitzenkandidaten aufgestellt. Bei den diesjährigen Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen will das Bündnis ebenfalls antreten.
Warum Kubicki als Wagenknecht der FDP bezeichnet wird
Als "die Wagenknecht der FDP" hat die Springer-Zeitung Welt Anfang Januar den Parteivize Wolfgang Kubicki bezeichnet: Er denke aufgrund schlechter Umfragewerte "ernsthaft darüber nach", eine eigene Partei zu gründen, gab das Medium zu wissen vor.
Etwa zeitgleich forderte Kubicki allerdings, die FDP müsse innerhalb der Ampel-Koalition durchsetzungsstärker und "sichtbarer" werden. "Daran arbeiten wir jetzt", kündigte er am 2. Januar im Gespräch mit dem Deutschlandfunk an. So ein "Wir" gab es bei Sahra Wagenknecht bezüglich der Linkspartei schon längere Zeit vor ihrem Austritt nicht mehr.
Innerhalb der FDP galt Kubicki lange Zeit als Vertreter eines russlandfreundlichen Flügels – ähnlich wie Wagenknecht innerhalb der Linkspartei. Beide haben aber 2022 den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilt und hatten offenkundig nicht damit gerechnet. Kubicki erklärte kurz nach der Invasion in einem Interview, 50 Jahre seiner politischen Agenda hätten sich in Luft aufgelöst.
Wagenknecht tritt unterdessen für Verhandlungsbemühungen und Abrüstung statt "Kriegsbesoffenheit" ein. Sie rief unter anderem zur Großdemonstration unter dem Motto "Aufstand für Frieden" im Februar 2023 in Berlin auf.
Ex-Geheimdienstchef beanprucht konservativen Markenkern
Gesichert ist dagegen der Plan des ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten und CDU-Rechtsaußenpolitikers Hans-Georg Maaßen, aus den Reihen des Vereins Werteunion heraus eine neue Partei zu gründen.
Maaßen käme damit möglicherweise einem Parteiausschluss zuvor. Die Werteunion nimmt für sich in Anspruch, den ursprünglichen konservativen Markenkern der Unionsparteien zu vertreten.
In einer Mitgliederversammlung am 20. Januar soll der eingetragene Verein über die Gründung einer eigenen Partei entscheiden. Dies wäre laut Maaßen "der erste Schritt zu einer Abspaltung der Werteunion von CDU und CSU", schrieb der Ex-Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz vergangene Woche der Nachrichtenagentur dpa.
Die Frage ist allerdings, ob es dafür zwischen CDU und AfD genügend Raum und eine ausreichend große Zielgruppe gibt: Vor zwei Jahren hatte die AfD bereits den damaligen Chef der Werteunion, Max Otte, als ihren Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten aufgestellt.
Dementsprechend hat auch Maaßen eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausgeschlossen.