Prozesse gegen kurdische Oppositionelle in Deutschland

Seite 2: Aufhebung des PKK-Verbotes gefordert

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Bisher fordert nur die Linke die Aufhebung des PKK-Verbotes. Aber auch innerhalb der SPD mehren sich die Stimmen, man müsse die Arbeiterpartei Kurdistans neu bewerten.

Vielleicht erinnert man sich daran, dass führende SPDler, wie z.B. der spätere Kanzleramtsminister Wischnewski, in den 60er Jahren gegen den Bündnispartner Frankreich die algerische "Terrororganisation" FLN unterstützt haben. Wischnewski hatte damals sogar die Kriegskasse der FLN verwaltet. Heute würde er dafür wahrscheinlich als Unterstützer einer terroristischen Vereinigung verurteilt werden.

Will man verhindern, dass massenhaft politisch aktive Kurden und Kurdinnen dem sicheren Tod in der Türkei ausgeliefert werden, muss die Aufhebung des PKK-Verbotes auf die Agenda. Das Brüsseler Gericht hat die Vorlage dafür geliefert. Die Richter stellten dort ein Verfahren ein mit dem Hinweis, in der Türkei herrsche Krieg und beide Seiten würden zur Waffe greifen.

Die PKK sollte als Befreiungsbewegung anerkannt werden, die sich wie viele andere Befreiungsbewegungen in der Welt für eine Anerkennung als ethnische Minderheit und für Autonomiestatute in den jeweiligen Nationalstaaten einsetzt. Sie hält sich an die Regelungen der Genfer Konvention, keine Kindersoldaten zuzulassen, und im Gegensatz zum türkischen Militär auch an die Verpflichtung, Kriegsgefangene menschenwürdig zu behandeln.

Erst letzte Woche haben türkische Soldaten in Van eine Frau bei lebendigem Leib verbrannt. Sie griffen ohne Grund ein Wohnhaus an und brannten es nieder. Nachbarn, die der im Haus befindlichen Frau zu Hilfe kommen wollten, wurden von den Sicherheitskräften daran gehindert.

"Ich bin stolz ein Türke zu sein", diesen Satz meißelten in den 1980er Jahren die türkischen Militärs in die kurdischen Berge. Heute wiederholt sich das Spiel, gepaart mit islamistischen Parolen. Europa muss Paroli bieten. Viele Migranten aus der Türkei, die in den 1980er und 1990er Jahren politisches Asyl bekommen haben, oder einfach aufgrund wirtschaftlicher Not migriert sind, sind Kurden.

Auch heute stammen die meisten Asylanträge, die von türkischen Staatsbürgern gestellt werden, von Kurden. Nur ein Bruchteil der Anträge wird positiv beschieden. Mittlerweile haben auch 43 türkische Staatsbürger mit Diplomatenpass um politisches Asyl gebeten.

Dabei handelt es sich um Diplomaten und deren Familien, sowie um Soldaten. Anders als bei den Kurden wird hier überlegt:

Man kann sie eigentlich nicht zurückschicken, weil man genau weiß, was ihnen dann droht. Aber wenn wir sie bei uns aufnehmen, wird das die ohnehin schon belasteten Beziehungen mit der Türkei vermutlich weiter schwer belasten.

Behörden-Insider im Focus

Die Mainstream-Medien mögen noch so oft das Gespenst der terroristischen PKK beschwören, Fakt ist, ob man das gut findet oder nicht, dass sich große Teile der kurdischen Bevölkerung mit Öcalan und seinen Ideen identifizieren. Zwar sind die Menschen kriegsmüde und wollen Frieden. Aber sie wissen, dass eine Kapitulation vor Erdogan keinen Frieden bringt. Sie setzten bisher auf den parlamentarischen Weg mit der HDP - aber der ist durch das Regime außer Kraft gesetzt. Auf wen können sie denn noch setzen? Wer außer der PKK setzt sich in der Türkei noch für die Kurden ein?

Erdogan bereitet Präsidialsystem vor

Am vergangenen Dienstag, während des Besuchs von Außenminister Steinmeier, hat die konservative Regierungspartei AKP einen Entwurf für die Einführung eines Präsidialsystems an die ultranationalistische rechte Partei MHP übergeben Zuvor hatte sich die MHP bei einem Treffen mit der AKP-Führung auf die Grundlagen einer Verfassungsänderung verständigt.

Das Referendum ist für das Frühjahr 2017 geplant. Wahrscheinlich wird es einen nahtlosen Übergang vom Ausnahmezustand zur Präsidialdiktatur geben. Für den Antrag benötigt die AKP eine Mehrheit von 60 Prozent. Die Stimmen der MHP werden dies besorgen. Deren Parteivorsitzender Devlet Bahçeli kündigte an, einer Verfassungsänderung nach Prüfung der Gesetzesentwürfe zuzustimmen, sollte die Regierungspartei seine Änderungswünsche berücksichtigen.