Pseudo-wissenschaftliches Gibberish und der Zeitgeist
Die neue Ghostbusters-Adaption ist ein mediokrer Film, aber kulturgeschichtlich nicht ganz uninteressant
Die Ghostbusters-Adaption, der am Donnerstag in die deutschen Kinos kommt, ist ein Film, der bislang vor allem deshalb Aufmerksamkeit erregte, weil seine Rezension durch Milo Yiannopoulous dazu führte, dass der bekannte Kolumnist "lebenslang" bei Twitter gesperrt wurde (vgl. Türkische Verhältnisse bei Twitter). Zwischenschritte hin zu dieser Sperre waren eine Twitter-Auseinandersetzung zwischen dem homosexuellen Gründer der Initiative Gays-for-Trump und der schwarzen Ghostbusters-Darstellerin Leslie Jones, die ihm dort vorwarf, ein "Onkel Tom der Schwulen" zu sein. Nachdem Milo-Fans auf diesen Tweet mit ähnlicher Munition reagierten, beklagte sich Jones über "Hassbotschaften" und wurde von Yiannopoulous darüber belehrt, dass jeder, der sich halbwegs exponiert, solche Botschaften bekommt. Darauf hin löschte Jones ihr Twitter-Account angeblich "unter Tränen" - und das Unternehmen sperrte den vermeintlichen Verursacher, was einen #FreeMilo-Hashtag und zahlreiche Medienmeldungen dazu zur Folge hatte.
Sieht man sich Ghostbusters an, dann stellt man fest, dass Yiannopoulous' Verriss möglicherweise etwas übertrieben, aber nicht ganz aus der Luft gegriffen ist: Der Film ist zwar keine Degeto-Volkspädagogik, wie man anhand seiner Rezension in Breitbart annehmen könnte, aber ähnlich medioker und ideenarm wie zahlreiche andere Hollywood-Produktionen der letzten Jahre. Das gilt - mit Abstrichen - allerdings auch für das Ghostbusters-Original von 1984, das es trotz seiner bedingten Unterhaltsamkeit schaffte, im Mainstream-Kanon des Kinos der 1980er Jahre zu landen, woran der eingängige Titelsong von Ray Parker jr. nicht ganz unschuldig gewesen sein dürfte. Für Parker war das insofern tragisch, als die Welt den eigentlich recht talentierten Songwriter und Gitarristen, der unter anderem mit den Temptations, den Spinners und Gladys Knight and the Pips zusammenarbeitete, heute vor allem mit diesem Huey-Lewis-artigen Gassenhauer von 1984 verbindet.
Dass Ghostbusters 2016 medioker ist, lässt sich leicht feststellen. Schwieriger ist, herauszufinden, woran das liegt: An einem Drehbuch, dass statt auf eine langsame Entwicklung interessanter Charaktere eine gute Dreiviertelstunde des Films mit was-man-halt-so-kaputtmacht-wenn-man-ein-CGI-Programm-hat-Krawall verschwendet, anstatt sich die Zeit zu nehmen, interessante Charaktere zu entwickeln. Oder an schlechten Schauspielern, die es nicht schaffen, aus dem vorgegebenen Material etwas herauszuholen.
Was sich verbindlich sagen lässt, ist, dass Milo Yiannopoulous ganz richtig beobachtet hat, wenn er kritisiert, dass die von Leslie Jones gespielte Figur Patty Tolan an Schwarzenklischees aus den 1930er und 1940er Jahren erinnert, die eher hemdsärmlig als helle sind und Angst vor Geistern haben. Wie Amos & Andy in einer Person. Hätten Danielle Brooks oder Adrienne Moore, die Taystee Jefferson und Cindy Hayes in der Serie Orange is the New Black ganz anders spielen, mehr aus dem Charakter machen können? Wir wissen es nicht. Vielleicht nehmen sie Rollen, aus denen sich nichts machen lässt, gar nicht an.
Jones wird allerdings klar von Kate McKinnon unterboten, die die Ingenieurin Dr. Jillian Holtzmann mit dicken Brillengläser und Grimassen in einer Weise darstellt, wie man sie sonst nur aus deutschen Fernsehcomedy-Produktionen kennt. Ein wenig lustiger als sie oder Jones ist Bill Murray, der (zusammen mit Jackie Wilson) dafür sorgte, dass der zweite Ghosbusters-Film von 1989 besser ist als der erste und der in der 2016er-Adaption einen relativ kurzen Gastauftritt hat. Nach dem US-Vorwahlkampf kann man sein Gesicht allerdings nicht mehr sehen, ohne sofort an Ted Cruz zu denken.
Der lustigste Charakter im Film erinnert optisch ein wenig an Milo Yiannopoulous und ist eine offensiv inkompetente aber sehr gutaussehende männliche Empfangs- und Telefonierdame, in deren Körper der Geistersuperschurke am Schluss schlüpft. Gespielt wird die Figur von Chris Hemsworth, der entweder ein besserer Schauspieler ist als Jones und McKinnon oder einfach mehr Glück mit dem Drehbuch hatte.
Pseudo-wissenschaftliches Gibberish und der Zeitgeist (19 Bilder)
Vor allem die letzte Dreiviertelstunde des Films ist langweilig wie ein Gottesdienst, weshalb man unbedingt ein Smartphone mit ins Kino nehmen sollte, wenn man ihn sich unbedingt dort ansehen will. Der an das Ray-Parker-jr.--Stück angelehnte neue Titelrap treibt die Zuschauer anschließend zuverlässig aus dem Lichtspieltheater, bevor der Abspann zu Ende ist.
Auch wenn Ghostbusters 2016 ein mediokrer Film ist, macht er - wie andere mediokre Filme - kulturgeschichtlich interessante verschlüsselte Aussagen über den Geist der Zeit, in der er entstand. Aussagen, die von den Herstellern beabsichtigt sein können - aber durchaus nicht müssen. So behandeln beispielsweise Hollywood-Filmen der 1970er und 1980er Jahre die USA selten direkt, aber sehr häufig verschlüsselt als segmentierte Gesellschaft, indem sie die verschiedenen Segmente nicht in der Gesellschaft an sich, sondern in der Schule darstellen, wo es Sportler, Bullys und Nerds gibt.
In Ghostbusters 2016 ist solch ein verschlüsselter Bezug zum Zeitgeist, dass es um Esoterik geht, die teilweise an Universitäten betrieben wird, wo sie eigentlich nichts zu suchen hat. Das pseudo-wissenschaftliche und mit Buzzwörtern gespickte Gibberish, das die Ghostbusters von sich geben, wenn sie erklären, wie Geister bekämpft und gefangen werden, erinnert frappant an andere pseudo-wissenschaftliche Jargons in anderen Modeströmungen, in denen man eher Dogmen folgt, als ergebnisoffen zu forschen (vgl. Kommissar Rex an der Mauer erschossen?, Angebliche "Mikroaggressionen" und "Trotziger Obskurantismus und dogmatischer Relativismus").
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