Putenfleisch bei Aldi und Lidl: Bakterien gibt es gratis dazu

Von wegen, Putenfleisch ist gesund. Bild: Alexas_Fotos, Pixabay

Deutsche Umwelthilfe weist hohe Belastung multiresistenter Keime nach. Ähnliche Studie von Greenpeace. Bundesregierung schützt Verbraucher nicht

Neue Labortests im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) haben eine massive Belastung mit multiresistenten Krankheitserregern in Putenfleisch nachgewiesen. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation hat dazu nach eigenen Angaben in mehreren Regionen des Bundesgebiets 62 Testkäufe bei Discountern durchgeführt, "jeweils 31 in Lidl-Filialen und 31 in Aldi-Filialen".

Im Ergebnis der Laboruntersuchungen am Institut für Pharmazie und Pharmazeutische Mikrobiologie der Universität Greifswald ist jede dritte Putenfleischprobe von Lidl und jede vierte Probe von Aldi mit antibiotikaresistenten Keimen belastet.

"Auf jeder vierten Lidl-Putenfleischprobe (26 Prozent) fand das Labor sogar besonders gesundheitsgefährliche Erreger, die gegen die für Menschen wichtigen Reserve-Antibiotika resistent sind", heißt es in einer Stellungnahme der DUH.

Erst Anfang Juli hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace bei Schweinefleisch aus dem deutschen Lebensmittelhandel antibiotikaresistente Bakterien nachgewiesen. In zehn der 44 Schweinefleisch-Proben, darunter grobe Bratwürste und Schnitzel, fanden sich Bakterien mit Resistenzen gegen gängige Antibiotika, so Greenpeace. In vier Fällen konnten die Prüfer Bakterien nachweisen, die auf das Reserve-Antibiotikum Colistin nicht mehr ansprechen.

Zwar hieß es von der Organisation damals, eine unmittelbare gesundheitliche Gefahr beim Verzehr sei zwar gering. Die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen sei jedoch einer der Faktoren, weshalb Infektionskrankheiten immer schwieriger zu behandeln seien.

Im Fall der Greenpeace-Untersuchung von Schweinefleisch stammten alle Proben aus den schlechteren Tierhaltungsstufen eins und zwei. Die DUH untersuchte ausschließlich Putenfleisch der Haltungsstufe 2 (Stallhaltung Plus).

Reserve-Antibiotika in industrieller Tierhaltung "schnellstmöglich beenden"

Bei Bekanntgabe der Ergebnisse der jüngsten Putenfleisch-Studie forderte die DUH die Bundesregierung, die EU-Kommission und das EU-Parlament auf, die derzeit erlaubte Massenmedikation mit Reserve-Antibiotika in der industriellen Tierhaltung "schnellstmöglich zu beenden". Die aktuelle Rechtslage habe gefährliche Konsequenzen.

Das verbraucherrechtliche Problem: Es ist in Deutschland zugelassen, Fleisch zu verkaufen, auf dem sich antibiotikaresistente Keime befinden, Grenzwerte für diese Belastungen gibt es nicht. Ihren Ursprung hätten die Keime in der industriellen Massentierhaltung, erinnert die DUH.

Dort würden die Antibiotika den Tieren unter anderem in die Tränke oder ins Futter gemischt. "Das trägt dazu bei, dass sich Resistenzen gegen die Medikamente bilden", heißt es in der Erklärung.

Der Bundesgeschäftsführer der DUH, Sascha Müller-Kraenner, betonte:

Geflügel in Massentierhaltung wird vollgepumpt mit Antibiotika, bei der Putenmast sogar zu einem erheblichen Teil mit Reserve-Antibiotika. Das ist besonders dramatisch, da hier resistente Erreger entstehen, gegen die uns dann möglicherweise keine Medikamente mehr zur Verfügung stehen. Dieses katastrophale System muss beendet werden. Kommission und Parlament müssen auf EU-Ebene Reserve-Antibiotika als Massenmedikation in der industriellen Tierhaltung verbieten und nur noch für die Einzeltierbehandlung beispielsweise von Haustieren erlauben.

In Europa infizierten sich jährlich rund 670.000 Menschen mit antibiotikaresistenten Erregern, weit über 245.000 Infektionen stammen aus Quellen außerhalb der Gesundheitsversorgung, so Sascha Müller-Kraenner weiter. Dazu zähle auch die Massentierhaltung.

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