Qual der Wahl: Sind Jugendliche gar nicht "woker"?
"U18-Wahl" in Bayern: Ergebnis zeigt kein völlig anderes Kräfteverhältnis als bei Erwachsenen. Allerdings wäre Koalitionspoker spannender, wenn Jugend entscheiden dürfte.
Am Sonntag wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt – bayerische Jugendliche haben schon jetzt darüber abgestimmt, wie er aus ihrer Sicht aussehen sollte, auch wenn die "U18-Wahl" nur ein Stimmungsbild ist. Das Ergebnis der Wahlsimulation des Bayerischen Jugendrings (BJR) ist – je nach Standpunkt – ernüchternd oder erleichternd für alle, die geglaubt haben, junge Menschen seien grundsätzlicher "woker" als ältere.
Nachdem rund 60.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in mehr als 600 Wahllokalen bayernweit ihre Stimmen abgegeben haben – was mit einer repräsentativen Umfrage schwer vergleichbar ist – ähneln die Ergebnisse doch stark denen der Umfragen unter Erwachsenen – und die Unterschiede sind andere als vielfach vermutet.
Auch bei den Jugendlichen, die an der Wahlsimulation teilnehmen, ist nach BJR-Angaben die CSU stärkste Kraft, wenn auch "nur" mit 26,12 Prozent statt mit rund 36 Prozent. Darauf folgt bei den Youngsters aber auch gleich die AfD mit 14,99 Prozent – damit käme sie bei Kindern und Jugendlichen auf rund einen Prozentpunkt mehr als laut Umfragen bei Erwachsenen.
Hier lagen zuletzt Grüne und Freie Wähler mit jeweils rund 15 Prozent knapp vor der AfD mit rund 14 Prozent. Die SPD wird demnach bei Volljährigen mit neun Prozent nur fünftstärkste Kraft – und die FDP müsste mit vier Prozent den Landtag verlassen.
Jugendliche hätten mehr Gnade mit der FDP
Bei der U18-Wahl dagegen belegte die SPD mit 13,74 Prozent den dritten Platz nach CSU und AfD. Platz vier belegten hier mit 13,29 die Grünen, während die Freien Wähler mit 9,07 Prozent bei Jugendlichen den Stellenwert erreichten, auf den die SPD bei Erwachsenen abgerutscht ist.
Die FDP könnte sich auf Platz sechs bei den Youngsters immerhin noch im Landtag halten: Hier käme sie auf 5,86 Prozent. Die Linke würde den Einzug mit 4,24 Prozent deutlich knapper verfehlen als laut Umfragen unter Wahlberechtigten, wo sie zuletzt auf rund zwei Prozent kam.
Spannend wäre beim derzeitigen Kräfteverhältnis ohnehin nur, wer Juniorpartner der CSU in einer neuen bayerischen Landesregierung wird. Eine Koalition mit den Grünen hat CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder aber am Dienstagabend erneut kategorisch ausgeschlossen.
"Es wird definitiv mit mir kein Schwarz-Grün in Bayern geben", sagte Söder im "TV-Duell" mit Ludwig Hartmann, der mit Katharina Schulze die Grünen in diesem Wahlkampf führt und gleich zu Beginn der Sendung kundgetan hatte, wie gut er sich eine solche Koalition vorstellen kann.
Da es auch gegen eine Koalition mit der AfD große Vorbehalte gibt – noch distanziert sich Söder energisch von ihr, trotz teilweise ähnlicher Rhetorik, wenn es um Migration geht – kann momentan nur mit einer Fortsetzung der Koalition mit Hubert Aiwangers Freien Wählern gerechnet werden.
Darüber dürfte Söder schon gründlich nachgedacht haben, als Aiwanger vor wenigen Wochen wegen neonazistischer Einstellungen und "Jugendsünden" in seiner Schulzeit in der Kritik stand. Söder wollte den bayerischen Wirtschaftsminister wohl bewusst mit Blick auf die Konstellation nach der nächsten Wahl halten.
Mit der AfD will Söder hauptsächlich deshalb nichts zu tun haben, weil nach seinen Worten mit dieser Partei "wichtige Handelspartner wegbrechen" würden – und weil die AfD der EU und der Nato zu kritisch gegenübersteht. Nicht etwa aus humanitären oder ökologischen Gründen.