RT-DE-Sperre: Ende für ARD und Deutsche Welle in Russland?
In Moskau werden nach russischen Medienberichten spiegelbildliche Vergeltungsmaßnahmen für die Sperre des Ausslandssenders erwogen
Wegen der aktuellen Sendesperre der deutschen Aufsichtsbehörde für den russischen Auslandssender RT DE droht jetzt in Russland der Deutschen Welle und der ARD ein Ende ihrer Tätigkeit. Zusätzlich sprechen Quellen einer bekannten russischen Zeitung von einem möglichen Werbeverbot deutscher Unternehmen im russischen Internet und einer "harten" Strafe für YouTube.
Medienanstalt als Aufsichtsbehörde unabhängig?
Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg hat die Ausstrahlung des TV-Programms des deutschsprachigen russisch-staatlichen Senders RT DE untersagt. Bereits zuvor war dessen Übertragung über den Satelliten Eutelsat gesperrt worden. Streit zwischen russischen und deutschen Stellen gab es im Vorfeld auch wegen der Sperre des YouTube-Channels von RT DE und Desinformationsvorwürfen gegen den Sender.
Die russische Regierung ist davon überzeugt, dass an der Unterbindung der Ausstrahlung von RT DE die deutsche Staatsspitze beteiligt ist. Das stellte Außenminister Sergej Lawrow unlängst beim Besuch seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) in Moskau fest. Die deutsche Bundesregierung und die zuständige Medienanstalt bestreiten das.
Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg legte auf Nachfrage des russischen Senders SNA-News Wert auf die Feststellung, sie sei "staatsfern organisiert und finanziert" und "nicht Teil der staatlichen Verwaltung". Finanziert wird die Anstalt tatsächlich durch Rundfunkbeiträge, die auf gesetzlicher Grundlage erhoben werden. Ihr oberstes Organ ist der sogenannte Medienrat, dessen Mitglieder von den Landesparlamenten von Berlin und Brandenburg bestimmt werden. In ihm sitzen vor allem ehemalige Regierungspolitiker und Medienleute.
Russische Presse berichtet über spiegelbildliche Vergeltung
Für Regierungsstellen in Russland ist eine so organisierte Anstalt im Gegensatz zur deutschen Ansicht Teil der Verwaltung, da ähnlich organisierte Stellen im Land ebenfalls zu den staatlichen Behörden gezählt werden. So kündigte das Außenministerium der Russischen Föderation schon am Folgetag der Entscheidung Vergeltungsmaßnahmen gegen "in Russland akkreditierte deutsche Medien sowie gegen Internetvermittler" an, wobei bei letzteren YouTube gemeint sein dürfte.
Welche Gegenmaßnahmen das voraussichtlich sein werden, ist ebenfalls in der russischen Presse nachzulesen. Die Tageszeitung Kommersant verfügt hier über gut informierte Quellen in der Nähe der Staatsspitze. Diese kündigten einen Entzug der Lizenzen der Deutschen Welle (DW) in Russland an, die wiederum ein russisches Programm besitzt und aus deutschen Steuergeldern finanziert wird.
Dieses Vorgehen würden in die russische Tradition einer möglichst spiegelbildlichen Reaktion auf sanktionierende Maßnahmen des Westens passen. Das russischsprachige Programm der DW berichtet – ebenso wie RT DE in Deutschland – sehr regierungskritisch über die Verhältnisse in Russland. Es stand dort bereits unter Kritik, da es in sozialen Medien zur Teilnahme an Oppositionskundgebungen aufgerufen hätte, was der Sender bestreitet und kritisierte Postings als Teil seiner Berichterstattung sieht.
Reaktion könnte weitreichender sein
Zusätzlich wollen laut Kommersant die russischen Stellen die Werbeschaltung deutscher Unternehmen in russischen Onlinemedien beschränken und "harte Strafen" gegen YouTube verhängen, wobei momentan noch im Dunkeln bleibt, welche Maßnahmen hier gegen die Google-Tochter greifen sollen. Diese zusätzlichen Maßnahmen könnten von den Folgen also noch weit über die Blockade eines einzelnen Anbieters hinausgehen, denn Onlinewerbung deutscher Konsummarken ist im russischen Netz allgegenwärtig.
RT selbst berichtet darüber hinaus davon, dass eine Schließung des gesamten ARD-Studios in Moskau möglich wäre. Das russische Medienportal RBK schreibt darüber hinaus unter Berufung auf die Nachrichtenagentur RIA Nowosti, es könne weitere Einschränkungen geben, die in Russland arbeitende deutsche Journalisten beträfen.
Im Dunkeln bleibt dabei die "harte Strafe" gegen YouTube, gegen das in Russland aus anderen Gründen schon Bußgelder verhängt wurden. Etwa wegen der Nichtsperrung von Inhalten, die dort – teilweise mit oppositionellem Hintergrund – als illegal gelten. Das Videoportal beruft sich bei seinen Kanalsperrungen gegenüber russischen, regierungsnahen Anbietern zumeist auf seine Geschäftsbedingungen und ignoriert weitgehend die politische Tragweite dieses Schritts bei News-Kanälen.
Juristischer Hintergrund ist ein Zuständigkeitsstreit
Rein juristisch dreht sich der Streit darum, ob die serbische Sendelizenz von RT DE den Sender zur Ausstrahlung in Deutschland berechtigt. Nach Ansicht der deutschen Behörden ist die RT DE Productions GmbH Betreiber der Sender, eine Firma in Berlin. Eine Ausstrahlung ohne deutsche Lizenz wäre für eine solche nicht möglich und eine solche wird die Firma voraussichtlich nicht bekommen, da sie nicht als "staatsfern genug" für eine Zulassung gilt. Der Medienkonzern RT DE ist Teil einer aus dem russischen Staatshaushalt finanzierten Stiftung namens Ano TV.
RT DE vertritt wiederum die Auffassung, dass die Berliner Firma nur Programmbestandteile produziert, wie diverse Tochterfirmen der ARD und des ZDF. Als russischer Anbieter dürfe RT sein deutschsprachiges Programm mit der gültigen serbischen Lizenz aufgrund europäischer Übereinkommen betreiben und auch nach Deutschland ausstrahlen.