Rätselhafte Schachtel
Professor Layton und die Schatulle der Pandora für Nintendo DS
Nintendos Professor Layton und die Schatulle der Pandora für den DS ist eine Mischung zwischen Rätselspiel und Adventure mit einer Handlung, die an ältere britische Krimis erinnert.
So könnte auch ein Agatha-Christie-Roman beginnen: Professor Layton erhält von seinem Bekannten einen Brief, in dem es um eine geheimnisvolle Schachtel geht. Zusammen mit seinem kindlichen Gehilfen Luke findet er den Absender des Schreibens leblos in seiner Wohnung. War die Schatulle genauso verhängnisvoll wie die Büchse, aus der Pandora die Plagen entwichen? Oder handelt es sich um einen Mord? Die beiden Protagonisten machen sich auf die Suche nach dem verschwundenen Kästchen.
Der Spieler begleitet Hershel Layton und Luke auf der Spur der Schatulle und den damit verbundenen Geheimnissen. Auch im Verlauf erinnert die Geschichte an klassische Krimis: Zunächst stoßen der Gentleman und der Junge auf stets neue Geheimnisse, die scheinbar keine Zusammenhänge aufweisen. Nach und nach entdecken Layton und Luke die Verknüpfungen zwischen den losen Fäden.
Üblicherweise dient ein solcher Plot als Basis für ein Point-And-Click-Adventure. Das japanische Entwicklerstudio Level-5 geht aber einen anderen Weg und setzt auf klassische Rätselkost - klassisch in dem Sinne, dass die Denkaufgaben aus einer Zeit vor den ersten Spielkonsolen stammen könnten und tatsächlich zum Teil auf eine ältere Historie zurück blicken. Da sind die bekannten „Wer lügt?“-Aufgaben: Der Spieler muss aus fünf Personen, die sich auf unterschiedliche Weise gegenseitig der Lüge bezichtigen, die beiden ehrlichen identifizieren. Geometrische Herausforderungen, die zum Teil dreidimensionale Vorstellung erfordern, gehören ebenso zum Repertoire wie Rechenrätsel und Logikaufgaben.
Dazu kommen Minispiele wie Kugelsolitär und Schiebepuzzle, in denen beispielsweise zwei Züge über ein Abstellgleis die Positionen tauschen müssen. Wie im Vorgängerspiel Professor Layton und das geheimnisvolle Dorf gibt es auch im zweiten Teil ein Schachrätsel: Im Springerproblem muss das Pferd von einer Position ausgehend alle Felder des Brettes genau einmal betreten. Die Zahl der Felder ist jedoch ebenso reduziert wie die Zahl der Kugeln beim Solitär, um den Schwierigkeitsgrad in Grenzen zu halten.
Die Rätsel haben unterschiedliche Schwierigkeitsstufen, sind aber nie trivial oder extrem schwer. Je nach dem Grad der Herausforderung, erhält der Spieler sogenannte Pikarat, die Punktewertung des Spiels, als Belohnung. Falsche Antworten reduzieren den Pikarat-Wert eines Rätsels. Einige Aufgaben wiederholen sich mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad. Beim Springerproblem erhöht sich beispielsweise die Zahl der Felder, beim Solitär die der Kugeln.
Manche Rätsel sind direkter Bestandteil der Handlung, wenn beispielsweise das Rangieren eines Zuges zum Schieberätsel wird. In anderen Fällen gibt es keinen inhaltlichen Bezug: So geben manche Figuren einen benötigten Gegenstand erst nach dem Lösen eines Rätsels heraus, das mit der eigentlichen Geschichte oft nicht das Geringste zu tun hat. Insgesamt passen die Denkspiele öfter zur Handlung als im ersten Professor-Layton-Titel.
Obwohl ganz klar das Rätseln im Zentrum steht und den Großteil der Spielzeit in Anspruch nimmt, hat Level-5, die unter anderem auch für Square Enix Dragon Quest VIII und IX entwickelt haben, die Erzählung durchaus ernst genommen. Interessant ist dabei die Mischung aus japanischem Erzählstil und europäischem Setting, womit das Spiel in guter Tradition japanischer Anime-Serien der 70er-Jahre wie „Heidi“ steht. War das erste Spiel noch auf wenige Lokalitäten innerhalb eines überschaubaren Dorfes beschränkt, gibt es im zweiten deutlich mehr Orte, die auf zwei Dörfer und einen Zug aufgeteilt sind. Der Großteil der Geschichte wird mit einfachen Bildern und Dialogfenster erzählt, lediglich wenige Szenen sind voll animiert und mit Sprache versehen. Diese sind allerdings - besonders zum großen Finale - durchaus beeindruckend.
Referenzen und wiederkehrende Figuren aus „Professor Layton und das geheimnisvolle Dorf“ gibt es durchaus, aber die Handlung ist in sich komplett eigenständig. Zu Beginn der Erzählung werden die Hauptfiguren vorgestellt und ein kleines Tutorial hilft denjenigen, die den ersten Teil nicht gespielt haben, sich mit der eigentlich selbst erklärenden Steuerung zurecht zu kommen.
Wer bei einem Rätsel einmal gar nicht weiter weiß, darf sich helfen lassen. Der Preis dafür sind Hinweismünzen, die reichlich im Spiel versteckt sind. Zu jeder Denkaufgabe gibt es drei Tipps, von denen der erste meist nur hilft, das Denken in die richtige Richtung zu lenken, der zweite schon recht vielsagend ist und der dritte den Spieler nahezu mit der Nase auf die Lösung stößt, ohne sie direkt zu verraten.
Der Spieler muss nicht alle 138 Rätsel innerhalb der Hauptgeschichte lösen, um das eigentliche Abenteuer zu schaffen. Zudem warten fast immer mehrere Aufgaben an verschiedenen Stellen, was verhindert, dass eine harte Nuss den Spieler vom Vorankommen abhält. Einige optionale Rätsel sind eher verborgen und dienen im Endeffekt vor allem dazu Bonus-Inhalte freizuschalten. Ungelöste Aufgaben, die nach dem Verlassen eines Bereichs eigentlich nicht mehr erreichbar wären, sammelt Oma Enygma in ihrer Rätselhütte, die Layton und Luke jederzeit aufsuchen dürfen. Auch nach dem erfolgreichen Durchspielen der Handlung darf der Spieler die verpassten Rätsel suchen, sodass keins völlig verloren geht. Wer aus irgendeinem Grund bereits gelöste noch einmal angehen will, findet diese im Rätselindex.
Parallel zum eigentlichen Handlungsverlauf gibt es zudem Minispiele. So finden Layton und Luke einen übergewichtigen Hamster, dem sie mit einem Trainingsparcours zur Traumfigur verhelfen. Mit einem Teekoffer versucht der Spieler zudem die Wünsche der Bevölkerung von Folsense nach der jeweils passenden Mischung aus insgesamt acht Zutaten zu erfüllen. Schließlich können die beiden Fotos von bestimmten Szenen machen, die zum Bilderrätsel werden, da die Aufnahmen stets drei Abweichungen vom Original aufweisen. Auch hier grüßen wieder die klassischen Rätselbücher: Akihiro Hino, Chef von Level-5, liebte schon als Kind die „Mental-Gymnastics“-Bücherserie von Akira Tago, der auch am Puzzle-Design für die Professor-Layton-Spiele beteiligt war.
Mehr noch als bei anderen Spielen, ist bei „Professor Layton und die Schatulle der Pandora“ der Weg das Ziel. Die Geschichte ist nett, aber die Suche nach dem nächsten Rätsel und dessen Lösung meist interessanter, als das nächste Geheimnisse der Handlung zu enthüllen. Die Spielzeit für die eigentliche Geschichte beträgt etwa 10 Stunden. Durch das Lösen aller Rätsel plus Minispiele verdoppelt sich die Zeit mindestens.
Wem Spiel plus Bonus nicht ausreichen, kann wöchentlich ein neues Rätsel herunter laden beziehungsweise frei schalten. Leider müssen auch DSi-Besitzer beim Zugriff aufs Drahtlosnetz die veraltete und unsichere WEP-Verschlüsselung verwenden. Die meisten Heimnetzwerke laufen aus gutem Grund mit WPA oder WPA2 und verhindern daher eine Online-Verbindung.
„Professor Layton und die Schatulle der Pandora“ ist wie schon der Vorgänger ein äußerst gelungenes Rätselspiel. Die Aufgaben sind anspruchsvoller als bei den üblichen Spiele fürs Gehirnjogging. Auch die Präsentation und Geschichte bringen das Spiel aus der Casual-Ecke heraus. Der kommende dritte Teil der Serie, der sich um Zeitreisen dreht, ist bereits seit einem Jahr auf dem japanischen Markt. Dort erscheint in Kürze bereits der vierte Teil als Prequel, der auch ein zusätzliches Rollenspiel mit über 100 Stunden Spielzeit enthalten soll.